Rheinische Post Kleve

Weg von der „Fürsorge“

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Jemandem helfen wollen ist eine gute Sache. Unterstütz­ung annehmen ist ebenfalls richtig, wenn die eigene Situation gerade sehr schwierig ist. Besonders sinnvoll ist die Hilfe, wenn sie nicht nur für den Moment wirkt, sondern längerfris­tige Auswirkung hat. Echte Fürsorge – eben nicht das reine Geld geben, wie „Stütze“früher verstanden wurde – ist eine zweiseitig­e Angelegenh­eit. Sie bezieht beide Seiten ein und orientiert sich vom Ziel her. Wenn der Landrat jetzt stattliche zwei Millionen Euro in den Doppelhaus­halt des Kreises einstellt, um etwas für Alleinerzi­ehende zu tun, dann wird das sicher nicht sein, nach dem Gießkannen­prinzip Almosen an die Bedürftige­n auszuschüt­ten. Das wäre pro Mutter und Kind viel zu wenig. Es kann nur darum gehen, die Frau (Männer werden in der deutlichen Unterzahl sein) dabei zu begleiten, trotz Kind Anschluss an ein selbstbest­immtes Leben zu finden. Heißt vor allem: berufstäti­g zu sein und eigenes Geld zu verdienen. Das ist nicht einfach, wie jede weiß, die mal am Schreibtis­ch erwartet wurde, obwohl das Kind mit Magen-Darm-Grippe pflegebedü­rftig im Bett lag. Genau darum wird es für Viktor Kämmerer, den mutmaßlich­en Inhaber der künftigen Stelle, gehen: ein Konzept zu entwickeln, das solche „Extras“berücksich­tigt. Wenn Frauen mit kleinen Kindern eine Ausbildung machen oder eine Arbeitsste­lle antreten sollen, dann muss für das Kind gesorgt sein, vor allem, wenn kein Partner zur Verfügung steht, der das Unternehme­n Familie mit trägt. Viele Alltagsfra­gen sind zu lösen: Wie komme ich – vielleicht ohne Auto – hin zum Job, was muss und darf vom Arbeitgebe­r erwartet werden, was passiert bei Krankheit? Auch mentale Stärkung ist wichtig, denn Kraft brauchen Mütter, erst recht alleinerzi­ehende, jede Menge. Angesichts der Kosten für die Allgemeinh­eit und des sozialen Elends für die Betroffene­n müssen HartzIV-Karrieren nach Möglichkei­t vermieden werden. Daumen drücken, dass dieses inhaltlich noch unbekannte Projekt funktionie­rt. Und dass die Frauen sich nicht davor verstecken.

anja.settnik@rheinische-post.de

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