Rheinische Post Kleve

Droht jetzt ein Absturz an der Börse?

- VON MISCHA EHRHARDT

Der Dax hat kräftig verloren und ist deutlich unter die 13.000-Punkte-Marke gefallen. Zu Wochenbegi­nn ging die Talfahrt weiter, wenn auch moderater als zuvor. Die Sorge vor einem länger anhaltende­n Kursverlus­t bleibt aber.

FRANKFURT Rund fünf Prozent hat der Deutsche Aktien-Index in der vergangene­n Woche und gestern verloren. Ein satter Kursrutsch innerhalb kurzer Zeit. Doch es gibt gute Gründe, weswegen Anleger so fleißig die Verkaufsta­sten bemühen:

Zum einen ist dem Kursrutsch eine „Börsenpart­y“voraus gegangen, will heißen: Die Kurse an den Aktienmärk­ten waren vorher steil gestiegen, der Dax war unlängst auf ein Rekordhoch geklettert, wie USIndizes auch. „Nach einem solch starken Anstieg war eine Korrektur überfällig“, sagt Felix Herrmann, Kapitalmar­ktstratege beim Investment­giganten Blackrock in Deutschlan­d. „Man kann fast schon sagen – das hat einen gesunden Charakter.“Dem stimmen viele andere Börsenexpe­rten zu.

Zum anderen ist der Euro in den vergangene­n Wochen kräftig gestiegen. Das belastet zumindest in Europa – also auch am deutschen Ak- tienmarkt – Exportunte­rnehmen, weil deren Waren sich im außereurop­äischen Ausland verteuern. Und dann machen sich Anleger vor allem Sorgen über die Zinsen in den USA. Denn die könnten möglicherw­eise schneller als gedacht steigen. Gestern hat der frühere Finanzinve­stor Jerome Powell das Ruder der USNotenban­k Fed übernommen. Unsicherhe­it besteht nun darüber, wie er an der Spitze der wichtigste­n Notenbank der Welt agieren wird. Angesichts anziehende­r Löhne und im Nachgang möglicherw­eise steigender Preise könnte er sich gezwungen sehen, die Zinsen schneller anzuheben als bisher gedacht.

Steigende Zinsen aber wirken grundsätzl­ich wie Party-Killer an den Aktienmärk­ten. Denn sie verknappen Geld grundsätzl­ich, das ansonsten in Anlagen wie Aktien fließen könnte. In der Tat ist die Rekordfahr­t der vergangene­n Monate an den Börsen kaum zu erklären ohne die Niedrig- oder Nullzinspo­litik der wichtigste­n Notenbanke­n der Welt – und deren Anleihekäu­fe. Mit diesem Gesamtpake­t haben die Währungshü­ter rund um den Globus die Märkte mit Geld geflutet. Auf der Suche nach Rendite ist ein Teil dieses Geldes an den Aktienmärk­ten gelandet und hat dort die Kurse getrieben.

Nun steigen die Zinsen zumindest in den USA wieder. US-Anleihen mit zehnjährig­er Laufzeit bringen mittlerwei­le wieder Renditen von fast drei Prozent. Das ist ziemlich lukrativ. Deswegen könnten Anleger vermehrt motiviert sein, umzuschich­ten: Raus aus den vergleichs­weise risikoreic­hen Aktienmärk­ten, rein in US-Staatsanle­ihen – die gelten quasi als aus-

Felix Herrmann fallsicher. Diese Entwicklun­g birgt noch ein anderes Risiko, denn es gilt: Wenn die Renditen von Anleihen steigen, fallen ihre Kurse und umgekehrt. Sollten die Zinsen also schnell steigen und Investoren ihre Anleihen verkaufen, um nicht auf den Kursverlus­ten sitzen zu bleiben, droht eine Abwärtsspi­rale am Anleihemar­kt. „Wenn es dort wirklich drehen sollte, wird es haarig“, meint Börsenexpe­rte Dirk Müller.

Manche Experten sprechen in diesem Zusammenha­ng auch von einer riesigen Blase, die sich an den Anleihemär­kten gebildet habe. Kapitalmar­ktstratege Felix Herrmann aber hat eine solche Befürchtun­g nicht: „Anlässlich des Anlage-Notstandes ist es eines der verlässlic­hsten Muster der vergangene­n Jahre, dass bei steigenden Anleihezin­sen Investoren in die Lücke springen“, also die Anleihen übernehmen, womit die Abwärtsspi­rale ein Ende fände. Gut möglich also, dass der derzeitige Kursrutsch nur Teil einer „Korrektur“ist.

„Nach einem solch starken Anstieg war eine Korrektur überfällig“

Blackrock-Kapitalmar­ktstratege

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