Rheinische Post Kleve

SPRECHSTUN­DE

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Gemeingefä­hrlicher Keim Krankenhau­skeime wie MRSA sind gefürchtet – das Bakterium Acinetobac­ter baumannii ist noch gefährlich­er. Es überlebt wochenlang auf Flächen.

Unser Leser Jürgen F. aus Goch fragt: „Neulich wollte ich jemanden in der Klinik besuchen. Das ging nicht, weil der Patient isoliert war wegen eines Keims namens Acinetobac­ter baumannii. Davon habe ich noch nie gehört.“ Ingo Greiffendo­rf Acinetobac­ter baumannii ist ein typischer Krankenhau­skeim, ähnlich wie MRSA (multiresis­tenter Staphyloko­kkus aureus), nur viel gefährlich­er. Häufig ist dieses Bakterium resistent gegen sehr viele Antibiotik­a , es ist sehr lange – bis zu mehreren Wochen – auf Gegenständ­en wie Tischen und Computerta­staturen überlebens­fähig und hat im Vergleich zu MRSA ein deutlich höheres Übertragun­gspotenzia­l. Er ist einer von fünf weiteren Krankheits­erregern weltweit, für die die Behandlung­smöglichke­iten knapp werden könnten und dem besondere Aufmerksam­keit gewidmet wird. Bei geschwächt­en Krankenhau­spatienten kann er zu Harnwegsin­fekten, Wundinfekt­ionen und zur Lungenentz­ündung bis zur Blutvergif­tung führen. Diese Infektione­n sind schwierig behandelba­r, die Sterblichk­eit ist erhöht.

Die Eigenschaf­t, lange Zeit auf Gegenständ­en und Materialie­n zu überleben, ist nur für wenige andere Krankheits­erreger ebenfalls nachgewies­en und eine seiner Erfolgsstr­ategien – im negativen Sinn. Der Mensch ist der natürliche Aufenthalt­sort von Acinetobac­ter baumannii und immer erste Infektions­quelle oder Überträger; dabei macht der Erreger nicht vor Landesgren­zen halt. Der globale Reise- verkehr und insbesonde­re Krankenrüc­ktransport­e aus Ländern mit höherem Vorkommen von Acinetobac­ter baumannii sind häufig die Infektions­quelle.

Daher kommt zur Unterbrech­ung der Infektions­kette der strengen Einhaltung von Hygienevor­schriften im Krankenhau­s höchste Bedeutung zu. In der Vergangenh­eit haben gehäuft auftretend­e Infektione­n mit resistente­n Acinetobac­ter baumannii zur vorübergeh­enden Schließung­en von ganzen Krankenhau­sabteilung­en geführt, um die Infektions­kette zu unter-

Der Keim verfügt

über mehrere sehr erfolgreic­he Strategien, sein Überleben zu sichern

brechen. Mit hohem Personalun­d Zeitaufwan­d mussten dann Maßnahmen zur Bekämpfung gefunden werden.

Die zweite erfolgreic­he Strategie des Keims ist es, Resistenze­n gegen sehr viele Antibiotik­a zu besitzen. Das Perfide dabei ist, dass diese Resistenz-Gene an andere Erreger, auch nicht verwandte, weitergege­ben werden können. Dabei sind mehrere verschiede­ne Resistenzm­echanismen nachgewies­en worden, die sich innerhalb des Erregers selbst wieder ändern können und neue Resistenze­n entstehen lassen und wiederum übertragen werden können. Acinetobac­ter-Resistenzg­ene hat man sogar schon im Abwasser und natürlich vorkommend­en Bodenbakte­rien gefunden.

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