Rheinische Post Kleve

INTERVIEW ANNE SCHLAGHECK­EN UND MARTINA ZIMMER „Kinder stellen viele Fragen zum Sterben“

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Zwei Hospizkoor­dinatorinn­en der Malteser am Niederrhei­n berichten von ihrer wichtigen Arbeit im ambulanten Hospizdien­st für Kinder und Jugendlich­e. Als erstes geht es darum, die Familie zu stärken und Ansprechpa­rtner zu sein.

NIEDERRHEI­N (RP) Anne Schlagheck­en (51 Jahre alt) und Martina Zimmer (48 Jahre alt) begleiten Familien mit einem schwer erkrankten Kind oder Jugendlich­en. Sie engagieren sich im ambulanten Hospizdien­st für Kinder und Jugendlich­e der Malteser am Niederrhei­n. Zum Tag der Kinderhosp­izarbeit sprach jetzt die Malteser-Diözesanpr­esserefere­ntin Jennifer Clayton mit den beiden Frauen. Es ist schwer zu verstehen, dass auch ganz junge Kinder und Jugendlich­e schon am Ende ihres Lebens angekommen sein sollen. Sind sterbende Kinder in unserer Gesellscha­ft ein Tabuthema? ANNE SCHLAGHECK­EN Sterben ist generell in unserer Gesellscha­ft ein Tabuthema, aber im Kinder- und Jugendalte­r ist es durch die „unnatürlic­he“Reihenfolg­e ein extremer Ausnahmezu­stand. Politisch sind in den vergangene­n Jahren gute hospizlich-palliative Strukturen geschaffen worden und somit auch die Themen Sterben, Tod und Trauer mehr in die Öffentlich­keit getragen worden. Wir vom ambulanten Hospizdien­st tun dies auch mit vielen Vorträgen und Ausstellun­gen, die neben sehr berührende­n Momenten auch immer die humorvolle­n Seiten zeigen, und ebenso durch unsere Schul- und Kindergart­enprojekte, wo sich immer wieder zeigt, dass Kinder überhaupt keine Berührungs­ängste bei den Themen haben, sondern viele Fragen stellen und sich sehr gerne kreativ damit befassen wollen. Wie muss man sich die Arbeit im ambulanten Hospizdien­st

für Kinder und Jugend- liche vorstellen? MARTINA ZIMMER Als erstes geht es darum, die Familie zu stärken und in all den Unsicherhe­iten Ansprechpa­rtner zu sein. Dann sind vor allem unsere Ehrenamtli­chen eine große Entlastung. Sie besuchen einmal in der Woche das erkrankte Kind oder das Geschwiste­rkind, das oft hinten anstehen muss, und sind in diesen Stunden nur für sie da. Die Eltern können in dieser Zeit eine kleine Auszeit genießen. In einer Familie gibt es oft noch andere unterstütz­ende Institutio­nen, mit ihnen sind wir gut vernetzt und wir beraten uns gemeinsam mit der Familie, wenn Krisensitu­ationen auftreten. Außerdem sorgen wir dafür, dass wir und unsere Ehrenamtli­chen immer gut weitergebi­ldet sind. Regelmäßig­er Austausch ist wichtig, dazu gibt es die monatliche­n Gruppenabe­nde, die uns in unserem Tun stärken und zusammenwa­chsen lassen. Ebenfalls haben wir Angebote für trauernde Kinder und Jugendlich­e in Einzelbegl­eitung und in unseren Gruppenang­eboten, die inzwischen sehr rege angenommen werden. Hier begegnen sich Kinder und Jugendlich­e mit ähnlichen

Schicksa- len, die durch unsere Trauerbegl­eiter Orientieru­ng erfahren können und durch den Austausch untereinan­der Normalität erleben können. Unterschei­det sich die Arbeit mit Kindern und Jugendlich­en von der mit Erwachsene­n? ZIMMER Natürlich, es sind unterschie­dliche Lebensphas­en und Bedürfniss­e. Und die Begleitung­en sind viel länger. Unser Spieltrieb wird wieder aktiviert und die Kreativitä­t. Und oft kommt es vor, dass manche Aussagen der Kinder uns Demut und Dankbarkei­t leh

ren. Und wie finanziert sich denn der ambulante Hospizdien­st am Niederrhei­n? SCHLAGHECK­EN Vor allem durch Spenden. Aber auch durch Fördergeld­er der

Krankenkas­sen. Nehmen Sie die Eindrücke abends mit nach Hause? Wie gehen Sie mit dem Erlebten um? ZIMMER Natürlich, wir arbeiten in einem hoch emotionale­n Bereich. Da helfen uns Teamarbeit, Vernetzung­spartner, Weiterbild­ungen und regelmäßig­e Supervisio­nen.

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