Berlinale: Serien werden wichtiger
Bekannte Regisseure wie Tom Tykwer, Sönke Wortmann und Lars Kraume arbeiten im neuen Format.
BERLIN Dörte Helm träumt von einer radikal neuen Gesellschaft. Der Erste Weltkrieg ist vorüber, nun kommt die junge Frau zum Studium ans Bauhaus in Weimar und trifft dort auf Gleichgesinnte. Lars Kraume verwandelt diese Phase deutscher Geschichte gerade in eine sechsteilige Serie mit Anna Maria Mühe als „Eine Frau am Bauhaus“.
Serien gewinnen in der Filmbranche stetig an Bedeutung. Der flexible Konsument schaut nicht mehr linear das angebotene Fernsehprogramm, er entscheidet lieber selbst, wann er sich mit welchen Episoden unterhalten lassen will. Und so wächst der Bedarf. Das lockt auch immer mehr deutsche Produzenten. Serien wie „Babylon Berlin“, „Vier Blocks“oder „Charité“sind erfolgreich, bekannte Regisseure wie Tom Tykwer, Sönke Wortmann und Lars Kraume arbeiten längst in dem neuen Format.
Und so zeichnet sich die wachsende Bedeutung von Serien auch bei der Berlinale ab, die heute Abend mit der Premiere von Wes Andersons neuem Animationsfilm „Isle of Dogs“beginnt. Stars wie Hillary Swank, Greta Gerwig und Bill Murray werden dazu in Berlin erwartet. Der Film wird weiterhin die meiste Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Doch die Berlinale ist eben nicht nur ein Festival der Filmkunst, sondern das erste Branchentreffen des Jahres. Und auf dem Europäischen Filmmarkt werden diesmal drei Tage lang alle Veranstaltungen zum Thema Serie gebündelt – Zeichen für die wachsende Bedeutung dieses Segments. Produzenten und Filmschaffende können sich nun im Zoo-Palast über Serienprojekte austauschen und neue Produktionen sichten – aus Deutschland etwa Christian Schwochows Wirtschaftsthriller-Serie „Bad Banks“mit Paula Beer. Die Filmstiftung NRW ist Partner der Serientage.
Die deutsche Filmbranche dürfte mit gemischten Gefühlen in die Berlinale starten. Nach den rückläufigen Zahlen im Vorjahr haben die deutschen Kinos zumindest im ersten Halbjahr 2017 wieder 7,7 Prozent mehr Umsatz gemacht. Die Gesamtzahlen zum abgelaufenen Kinojahr sind noch nicht bekannt, aber der Anstieg im ersten Halbjahr ist erfreulich. Allerdings ist mit 10,5 Millionen Besuchern der Anteil von Zuschauern gesunken, die deutsche Filme schauen wollten. Und zwar auf 18 Prozent. Im Vorjahrszeitraum hatten noch 15,5 Millionen Zuschauer Lust auf deutsche Filme gehabt.
Auch die Zahl der deutschen Filme, die 2017 ins Kino kam, ist gesunken auf 141 Filme gegenüber 166 im Vorjahr. Doch ist das nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen. In den vergangenen Jahren war oft kritisiert worden, dass in Deutschland zu viele kleine Filme gefördert werden, die kaum Publikum zogen. Die Förderanstalten haben inzwischen ihre Vergabepraxis konzentriert, so sinkt die Zahl der Produktionen.
Stark gewachsen ist der Anteil von Dokumentarfilmen. 106 deutsche Dokus kamen 2017 ins Kino. Das ist ein Anstieg um 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr – und setzt einen Trend fort. Betrachtet man die vergangenen zehn Jahre konnte der Dokumentarfilm die Zahl seiner Erstaufführungen sogar um 77 Prozent steigern. Anscheinend finden die Zuschauer die Wirklichkeit immer spannender.