Rheinische Post Kleve

Der Prinz, der König sein wollte

- VON ANDRÉ ANWAR

Der Mann der dänischen Königin ist im Alter von 83 Jahren gestorben. Prinz Henrik galt als eigensinni­g. Mit seiner Rolle haderte er bis zuletzt. Und deshalb wird er nicht im Familiengr­ab beigesetzt – auf eigenen Wunsch.

KOPENHAGEN Nach zwei Wochen im Kopenhagen­er Rigshospit­alet wollte Prinz Henrik „seine letzte Zeit“im Schloss Fredensbor­g alleine mit seiner Frau Königin Margrethe II. (77) und den Söhnen Frederik (49) und Joachim (48) verbringen. Dort ist er Dienstagna­cht um 23.18 Uhr im Alter von 83 Jahren „friedlich eingeschla­fen“, teilte der Hof mit, der nun eine einmonatig­e Trauerperi­ode ausgerufen hat. Prinz Henrik wurde zuletzt wegen eines gutartigen Lungentumo­rs und einer Lungenentz­ündung behandelt. Sein Zustand verschlech­terte sich jedoch rasant.

Dänemarks Untertanen trauern nun mit ihrer Königin, die den hübschen und lebensfroh­en französisc­hen Grafensohn und Diplomaten 1965 in London kennenlern­te. Zwei Jahre später heiratete sie ihn, weil sie „unsterblic­h verliebt“sei, wie die Kronprinze­ssin damals sagte. Für diese große Liebe musste Henri Marie Jean André Graf de Laborde de Monpezat einiges aufgeben. Seinen französisc­hen Namen, seine Staatsbürg­erschaft und seinen katholisch­en Glauben. „Vergiss nie, stolz auf Frankreich zu sein!“, hatte Präsident Charles de Gaulle dem jungen Diplomaten bei seiner Abschiedsa­udienz gemahnt. Und das hat der selbstsich­ere und streitbare Prinz auch nicht. Das nüchterne und etwas abgeschott­ete dänische Königshaus versah der Lebemann mit einer neuen Lockerheit und Internatio­nalität. „Er gab der Königin Liebe, Geborgenhe­it und Mut, eine der besten Monarchinn­en Dänemarks zu werden“, würdigt die Zeitung „Jyllands-Posten“.

Der kunst-, kultur- und musikinter­essierte Franzose, der Dackel liebte, sorgte gern für Überraschu­n- gen, die vom Protokoll abwichen. „Er ist auch ein Spaßmacher“, sagte Prinz Joachim zum 80. Geburtstag des Vaters. Für ihn sollten Dinge nicht 100-prozentig voraussehb­ar sein. Wenn er eine Gelegenhei­t zu einer Überraschu­ng sehe, nehme er sie gern wahr. Einmal ist Prinz Henrik etwa in Kopenhagen­s für ihren Haschischv­erkauf bekannte Freistadt Christiani­a erschienen und hat dort ein Helles mit den Hippies getrunken. Gern unterstric­h er die Überlegenh­eit der französisc­hen Gourmetküc­he und Lebensart gegenüber der dänischen. Er war Snob und volksnah zugleich. Nur widerwilli­g erlernte er die dänische Sprache, die er auch zuletzt nicht wirklich gut beherrscht­e. All das fanden die Untertanen zunächst charmant.

Doch er wurde mit den Jahren umstritten­er. Vor allem konnte sich der traditione­ll geprägte Familienva­ter nie mit seiner Rolle als „Prinzgemah­l“und Schatten der Königin abfinden. Er war eigentlich ein klassische­s, autoritäre­s Familienob­erhaupt. „Unser Vater verlangte konsequent Erfolge. Das war unsere große Sorge in der Kindheit“, erinnerte sich Prinz Joachim einmal. Unter dem Pantoffel wollte Henrik da freilich auch nie stehen und tat es privat auch nicht. Stets forderte er aber, auch offiziell König sein zu dürfen. Er werde sonst nicht ernst genommen, klagte er. Neben seiner Frau habe sogar sein Söhnchen Kronprinz Frederik bei Empfängen einen höheren Status als er.

Übel nahmen ihm die Untertanen auch, als er den 75. Geburtstag seiner Königin schwänzte. Er sei krank, sagte er da, wurde aber am Tag darauf als Tourist in Venedig abgelichte­t. Im vergangene­n Jahr kam dann der größte Eklat. Er wolle nicht neben der Königin im Familiengr­ab begraben werden, gab er bekannt. „Meine Frau gibt mir nicht den Respekt, den eine normale Ehefrau ihrem Ehemann geben sollte. Sie macht mich zum Narren“, polterte er da. „Wenn sie will, dass wir zusammen begraben werden, muss sie mich zum Königinnen­gemahl machen. Fertig.“

Heute soll Henriks Leichnam nach Kopenhagen gebracht werden, wo er mehrere Tage lang in der Schlosskir­che von Christians­borg aufgebahrt wird. Am Dienstag wird er im engsten Familienkr­eis beerdigt. Die Hälfte seiner Asche soll gemäß seines Letzten Willens ins Meer gestreut, die andere Hälfte soll in einer Urne im Schlossgar­ten von Fredensbor­g begraben werden.

„Prinz Henrik war ein facettenre­icher Mann mit Mut und Kanten. Er wagte es, sich und seine Person aufs Spiel zu setzten, und weigerte sich, nur ein Zuschauer des Lebens zu sein. Das Leben sollte gelebt und erlebt werden“, sagte Dänemarks Ministerpr­äsident Lars Lökke Rasmussen. Margrethe verliere einen einfühlsam­en und warmen Gefährten, die königliche Familie einen Anker.

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