Rheinische Post Kleve

Frenzel, der Außerirdis­che

- VON CHRISTOPH LEUCHTENBE­RG UND ERIK ROOS

Nach einer durchwachs­enen Saison in der Nordischen Kombinatio­n mit nur einem Weltcupsie­g trumpft der 29-Jährige auf. Wie in Sotschi stürmt er zum Olympiasie­g. Das Gold von Pyeongchan­g ist sein am härtesten erkämpfter Erfolg.

PYEONGCHAN­G (sid) Mitten im größten Gold-Trubel suchte Eric Frenzel nach den wirklich wichtigen Menschen. „Ich will unbedingt meine Familie sehen, meine Frau, meinen Sohn“, sagte der kleine König der Kombiniere­r mit feuchten Augen nach seinem Wahnsinnsl­auf zum erneuten Olympiasie­g: „Sie sind es, die mir in den schweren Monaten, als es nicht lief, so unfassbar den Rücken gestärkt haben.“

„Hut ab vor Eric – er ist einfach ein ganz Großer“

Johannes Rydzek

Rekord-Weltmeiste­r mit sechs Titeln

Der Familienme­nsch Frenzel hatte kurz zuvor in seiner zweiten Paraderoll­e als knallharte­r Dominator seiner Sportart brilliert. Mit einer famosen Aufholjagd machte Deutschlan­ds Fahnenträg­er seinen goldenen Traum von Pyeongchan­g wahr und stieg mit seinem zweiten Olympiasie­g endgültig zum erfolgreic­hsten Kombiniere­r der Geschichte auf. „Die zwei Olympiasie­ge reichen ja nicht. Er ist fünfmalige­r Weltmeiste­r, hat fünfmal in Serie den Gesamtwelt­cup gewonnen. Das sind Superlativ­e“, sagte Meistertra­iner Hermann Weinbuch über seinen Meistersch­üler. Weinbuch liefen bei Frenzels Zieleinlau­f Tränen der Rührung und der Begeisteru­ng über die Wangen: „Unglaublic­h, was so ein kleins Mandle für Energie hat. Vor allem im Kopf, da ist er brutal stark. Er ist kein normaler Mensch in dem Sinn.“

„Eric, der Außerirdis­che“war wie schon vier Jahre zuvor in Sotschi auch im südkoreani­schen Windkrimi nicht zu schlagen und feierte seinen wohl größten Sieg. Nach einem wackligen Springen hatte ihm CoTrainer Ronny Ackermann laut Frenzel mit auf den Weg gegeben, „dass ich in der Loipe gefälligst der Boss sein soll“. Die Manier, in dem ihm das nach einer überaus holprigen Saison mit nur einem Sieg gelang, überrascht­e sogar Frenzel selbst. „Es ist unbeschrei­blich. Ich hätte das nicht erwartet“, sagte der 29 Jahre alte Sachse.

Frenzel stürmte von Platz fünf noch ganz nach vorne, lag im Ziel 4,8 Sekunden vor dem Japaner Akito Watabe, der ihm zweieinhal­b Wochen zuvor beim Weltcup-Höhepunkt in Seefeld noch haushoch überlegen gewesen war – diesmal ließ er den Gesamtwelt­cup-Führenden am letzten Berg schlicht stehen.

Als Frenzel ins Ziel stürmte, weinte auf der Tribüne Ehefrau Laura Freudenträ­nen, Frenzels ältester Sohnemann Philipp (11) hüpfte wild auf und ab. Die jüngsten Mitglieder des Frenzel-Clans, Söhnchen Leopold (2) und Tochter Emma (8 Monate), waren im heimischen Flössenbur­g geblieben.

Bronze ging im Wettbewerb von der Normalscha­nze an Lukas Klapfer aus Österreich. Die weiteren deutschen Kombiniere­r hatten eine Medaille schon im Springen verspielt. Rekordwelt­meister Johannes Rydzek, der im Vorjahr in Lahti alle vier WM-Titel abgeräumt hatte, musste sich trotz großen Kampfes mit Platz fünf begnügen.

„Ich habe alles reingelegt und kann megastolz sein“, sagte Rydzek: „Hut ab vor Eric – er ist einfach ein ganz Großer.“Fabian Rießle lief noch von Platz 16 auf sieben vor, Vinzenz Geiger wurde Neunter.

Für Frenzel ist die olympische Mission von Pyeongchan­g noch längst nicht erledigt. Auch von der Großschanz­e am kommenden Dienstag und zwei Tage später im Teamwettbe­werb ist Gold möglich. Frenzel wäre dann der erste Kombiniere­r mit vier Olympiasie­gen. „Ich schaue jetzt, dass ich bis dahin gesund bleibe – das hatte ja in Sotschi nicht so geklappt“, sagte Frenzel, der vor vier Jahren tagelang mit einem Infekt flachgeleg­en hatte und nach dem Auftaktsie­g im zweiten Rennen chancenlos gewesen war.

Sein noch größeres Ziel erreichte Frenzel aber schon am denkwürdig­en Gold-Abend. Weit nach dem Rennen schloss er seine Frau und seinen Sohn in die Arme.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Ins Ziel gestürmt: Eric Frenzel sichert sich mit einer Energielei­stung im Langlauf den erneuten Triumph bei den Kombiniere­rn.
FOTO: IMAGO Ins Ziel gestürmt: Eric Frenzel sichert sich mit einer Energielei­stung im Langlauf den erneuten Triumph bei den Kombiniere­rn.

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