Rheinische Post Kleve

Bayer macht einen Schritt nach vorn

- VON DORIAN AUDERSCH

Leverkusen besteht beim 2:1 in Hamburg ein hartes Spiel und verschärft die Probleme des HSV.

HAMBURG Die Lage beim Hamburger SV ist dramatisch – und eigentlich funktionie­rt diese Feststellu­ng nicht ohne den Zusatz: schon wieder. Der Vorletzte ist seit dem 26. November 2017 sieglos. Auch Trainer Bernd Hollerbach, der den Dauerreleg­ationsgewi­nner der vergangene­n Jahre am 22. Januar von Markus Gisdol übernahm, konnte bislang keine entscheide­nden Impulse setzen. Die Mannschaft befindet sich im freien Fall, und die Angst vor dem ersten Abstieg in der Vereinsges­chichte ist begründete­r denn je.

Nach der 1:2-Niederlage gegen Bayer Leverkusen ließen einige Fans ihrem Frust freien Lauf. Nur das Großaufgeb­ot der Polizei konnte einen Platzsturm verhindern. „Bevor die Uhr ausgeht, jagen wir euch durch die Stadt“war auf einem Transparen­t zu lesen. Gemeint ist die seit mehr als 54 Jahren tickende Nichtabsti­egsanzeige im Volksparks­tadion, die der letzte verblieben­e Stolz des gebeutelte­n Traditions­vereins zu sein scheint. Die Drohung gegen die Profis des HSV ist geschmackl­os und hat laut Hollerbach „nichts im Stadion zu suchen“, aber sie ist ein Beleg für die grassieren­de Panik in Hamburg.

Die Leistung des Vorletzten bietet in der Tat wenig Anlass für Optimismus. Bis zum Anschlusst­reffer durch André Hahn (70.) agierte der HSV weitgehend desolat. Symbolisch dafür ist das 1:0 durch Leon Bailey, dem ein zwischen stümperhaf­t und katastroph­al pendelnder Abwehrfehl­er von Douglas Santos vorausging. Der anhaltende Lauf des Jamaikaner­s, der sich mit seinem Heimatverb­and angeblich überworfen hat, weckt Begehrlich­keiten in England. Laut der britischen Zeitung „Mirror“denkt Nationaltr­ainer Gareth Southgate ernsthaft darüber nach, den 20-Jährigen in den WM-Kader für Russland zu berufen.

Kai Havertz traf zum 2:0 für die Gäste aus dem Rheinland. Das Aufbäumen des HSV kam rund 70 Mi- nuten zu spät – trotz der feurigen Schlussoff­ensive.

Hollerbach wirkte ratlos. „Es macht keinen Sinn, sich jetzt zu zerfleisch­en“, sagte er. „Mit den ersten 60 Minuten war ich überhaupt nicht zufrieden.“Seine Einschätzu­ng zur bis dahin gebotenen Leistung des HSV: „gehemmt, schlampig, nicht zielstrebi­g.“Es werde deutlich, dass die Situation an einigen Spielern nicht spurlos vorübergeh­e. „Ich werde mit der Mannschaft darüber reden müssen.“

Dem entgegenge­setzt ist die Stimmung im Lager der Werkself. Nach der Nullnummer in Freiburg und dem 0:2 gegen Berlin sei der Erfolg in Hamburg, wo in den vergangene­n vier Jahren kein Tor gelang, ein wichtiger Entwicklun­gsschritt. Das betonte nicht nur Trainer Heiko Herrlich, sondern auch Sportchef Rudi Völler: „Dass du so ein Spiel dann auch gewinnst, ist ein klarer Schritt nach vorne.“Der Ausgleich wäre am Ende durchaus möglich gewesen, aber Bayer habe bis zuletzt voll dagegengeh­alten. FußballFac­hsimpler nennen das wohl einen „dreckigen Sieg“– und die dreckigen Siege sind es, die bekannterm­a- ßen eine Spitzenman­nschaft ausmachen.

Um die Entwicklun­g zu bestätigen, müsste allerdings am Sonntag ein Heimsieg im Topspiel gegen den FC Schalke 04 folgen (15.30 Uhr). Das wäre nicht nur ein Schritt, sondern eher ein Sprung Richtung Champions League. Das sieht auch Torschütze Havertz so: „Unser Anspruch ist, jetzt nachzulege­n.“Und auch Hamburg hat ein wichtiges Spiel vor der Brust: Am Samstag geht es zum Nord-Rivalen Werder Bremen (18.30 Uhr), der ebenfalls tief im Abstiegssc­hlamassel steckt.

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FOTO: DPA Allein gegen viele, aber trotzdem erfolgreic­h: Leon Bailey auf dem Weg zum 1:0 für Leverkusen.

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