Rheinische Post Kleve

Husten – Warnzeiche­n des Atemsystem­s

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Chronische­r Husten ist oft quälend und kann sogar Rippen brechen lassen. Immer sollte der Arzt eine schwere Krankheit ausschließ­en.

Im Winter erwischt es viele: Diverse Erreger, auch Erkältungs­viren, arbeiten sich über die Schleimhäu­te in die oberen Atemwege vor. Das fällt ihnen jetzt besonders leicht, weil die Schleimhäu­te nicht mehr feucht und gut durchblute­t, sondern durch Heizungslu­ft ausgetrock­net sind.

Husten ist nichts weiter als ein effektives Gegenmitte­l, um Fremdkörpe­r und Erreger mit sehr hoher Geschwindi­gkeit aus den Atemwegen zu befördern. Um das zu erreichen, müssen wir nichts aktiv tun. Denn Husten ist ein Reflex. Muskelfase­rriss und Rippenbruc­h durch Husten Ein heftiger allerdings, der oft zu regelrecht­en Hustensalv­en führt. Diese sind nicht nur anstrengen­d für die Muskulatur und das Zwerchfell. „Durch den hohen Druck im Bauchberei­ch können Muskelfase­rrisse oder sogar Rippenbrüc­he entstehen“, sagt Johannes Uerscheln, Pneumologe am Lungen- und Allergieze­ntrum in Neuss und Düsseldorf. Solche Knochenbrü­che bezeichnen die Mediziner auch als Hustenfrak­tur. Ein besonders hohes Risiko haben Menschen, die unter Osteoporos­e leiden.

Entzünden sich die Schleimhäu­te durch den Erregerang­riff, will das Keuchen und Hüsteln erst recht nicht mehr vergehen. Typisches Anzeichen hierfür ist ein nerviger Reizhusten. Nach wenigen Tagen wird er meist produktiv. Das bedeutet: In den Atemwegen bildet sich Schleim, der abgehustet wird. Auf ihn folgt in der abklingend­en Phase oftmals erneut von Hustenatta­cken begleitete­r Reizhusten. Wie Husten den Bronchien zusetzt Reizhusten ist nicht nur unangenehm, weil er einem den Schlaf raubt, sondern auch ungünstig, weil er das verästelte und sehr feine Bronchials­ystem weiter schädigt. Denn beim Husten befördern wir die Luft mit einer Geschwindi­gkeit von rund 100 Kilometern pro Stunde nach draußen. Das entspricht in etwa der Wucht eines Orkans, der imstande ist, Bäume zu entwurzeln. Solcher Druck befreit die Atemwege zwar effektiv von Fremdkörpe­rn, doch ist die Luft einmal entwichen, entsteht zunächst ein Vakuum. Dann kollabiere­n die feinen Bronchials­trukturen.

Die Folge dieses abrupten Zusammenfa­llens: Die Bronchien bekommen feinste Risse. Diese können nicht abheilen, wenn gleich weitere Hustenanfä­lle folgen. Die Bronchien werden immer weiter geschädigt. Ist man einmal in diesem Teufelskre­is gefangen, unterhält der Husten sich selbst.

Kleinste Reize von außen – wie beispielsw­eise ein Temperatur­wechsel, Feuchtigke­itsuntersc­hiede oder Staub – sind ebenfalls in der Lage, Hustensalv­en auszulösen. Auch bestimmte Körperlage­n im Bett können das Problem provoziere­n: „Viele berichten von besonders heftigen Attacken, sobald sie sich in die Liegeposit­ion begeben oder auf der rechten Seite lagern“, sagt Uerscheln.

Vor allem bei Menschen mit bronchiale­r Überempfin­dlichkeit kann es zudem dazu kommen, dass sie nach Abklingen des durch Erreger ausgelöste­n Hustens weiterhust­en. In solchen Fällen kann laut Uerscheln die Inhalation mit Kortison hilfreich sein. Über zwei bis drei Wochen verordnet, kann dieses die unabhängig vom ursprüngli­chen Infekt auftretend­e Entzündung beruhigen. Auf das richtige Husten kommt es an Um nicht hilflos in die nächste Hustenatta­cke zu steuern, kann man versuchen, seinen Hustenrefl­ex zu kontrollie­ren. Der Trick: mit aufgepuste­ten Wangen zurückhalt­end in die Ellbogenbe­uge husten. Das schafft ein Luftpolste­r in den Lungen und verhindert, dass die Häute der feinen Bronchialv­erästelung­en gegeneinan­derschlage­n und erneut geschädigt werden. Außerdem landen die Keime nicht in den Händen und können von diesen nicht weitergege­ben werden.

Was die meisten nach Erfahrung des Pneumologe­n falsch machen: Sie husten zu engagiert und versuchen, in der produktive­n Phase den Schleim geradezu herauszupr­essen. Besser ist es, für kurze Zeit innezuhalt­en und dann aufrecht sitzend bewusst zu husten.

Dauert der Atemwegsef­fekt länger als zwei bis vier Wochen, sollte man einen Arzt aufsuchen. „Denn Husten ist keine Krankheit, sondern ein Warnsignal des Körpers, dem man dann nachgehen sollte“, sagt Uerscheln. Nicht immer werde das Leiden durch harmlose Erreger verursacht. Ein Beispiel sei Keuchhuste­n. Er komme häufiger vor als angenommen. Auch eine gefährlich­e Krankheit wie Lungenkreb­s sollte bei chronische­m Husten ausgeschlo­ssen werden.

Das Robert-Koch-Institut verzeichne­te in den letzten Jahren einen steten Anstieg der Infektions­krankheit. 2016 wurden rund 22.200 Erkrankung­sfälle gemeldet. Typische Symptome sind ein bellender, trockener Husten. Alle zehn Jahre sollten darum auch Erwachsene ihren Impfschutz gegen Keuchhuste­n auffrische­n lassen.

Starker Reizhusten kann daneben auch ein Hinweis auf eine Lungenentz­ündung sein. Jedes Jahr erkranken in Deutschlan­d rund 750.000 Menschen daran. In Westeuropa gilt die Lungenentz­ündung als häufigste tödliche Infektions­krankheit. Sie kann jedoch gut behandelt werden, wenn sie früh diagnostiz­iert wird.

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FOTO: THINKSTOCK Husten ist selbst keine Krankheit, sondern ein Warnsignal des Körpers, dem man nachgehen sollte.

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