Rheinische Post Kleve

Niederlage und neue Hoffnung

- VON VERENA KRAULEDAT

Kindermusi­cal „Der verlorene Sohn“in der Klever Versöhnung­skirche

KLEVE Elias ist wütend. Sein Bruder Jonas lässt sich vom Vater sein Erbe auszahlen, um in die Welt hinauszuzi­ehen und sein Glück zu suchen. „Das packst du niemals! Du kriegst schon hier nichts auf die Reihe“, wirft Elias ihm vor. Jonas kontert: „Was weißt du schon, du Langweiler. Du machst mehr Stress als der Alte!“Der fabelhafte Kinderchor der Evangelisc­hen Kirchengem­einde Kleve erweckte im Musical „Der verlorene Sohn“(Text: Barbara Schatz, Musik: Andreas Mücksch) in der Versöhnung­skirche das biblische Gleichnis vom liebenden Vater und seinen zwei Söhnen neu zum Leben. Blitzsaube­r, rhythmisch präzise und mit großer Bühnenpräs­enz sangen die 24 Erst- bis Sechstkläs­sler in Chor- und Sololieder­n von Streit und Vergebung, Stolz und Demut, Niederlage­n und neuer Hoffnung. Auch die Sprechszen­en wa- ren perfekt einstudier­t, die kurzweilig­en Dialoge klar artikulier­t und lebendig.

Stimmlich und schauspiel­erisch herausrage­nd meisterte Sovana de Groot die Hauptrolle, spielte ihren Jonas zunächst arrogant und fies, dann als reuigen und gebrochene­n Mann (besonders schön: das Lied „Hoffnung“im Wechsel mit dem Chor). Tim Grundmann berührte als liebevoll verzeihend­er Vater, Lara-Marie Gies als gekränkter, enttäuscht­er Sohn Elias. Sarah Aperdannie­r gab einen lebensklug­en Bettler (mit dem düster-jazzigen Sololied „Erinnerung“), Julia Viermann die warmherzig­e und sorgende Freundin Charlott. Jede noch so kleine Solorolle wurde mit Leben gefüllt, textsicher und überzeugen­d gespielt und gesungen.

Bühnenbild und Kostüme schufen mit einfachen Mitteln viel Atmosphäre. Das „Buch der Bücher“, von dem der Chor im Eingangsli­ed sang, hing als riesiges (Bilder-)Buch an der Bühnenwand, zu jeder Szene wurde der passende Hintergrun­d aufgeblätt­ert: das einladende Haus des Vaters, die Kneipe (mit Burger und Coladose), das Casino, in dem Jonas sein Geld verzockt, das Gefängnis. Die drei Gauner, mit denen er sich anfreundet, wirkten mit ihren schwarzen Sonnenbril­len cool und gefährlich, die drei Damen im Casino kamen elegant mit Hütchen und Sektglas in der Hand daher.

Körperspan­nung, kernige Stimmen, intensiver Ausdruck: ein Chor ist immer nur so gut wie seine Leitung. Kantor Thomas Tesche und seine Frau Annedore vermitteln den Kindern ganz offensicht­lich, worauf es beim Singen ankommt. Und wenn er die jungen Sänger auf dem Klavier begleitet und sie mit Verve dirigiert, scheinen die beiden mindestens ebenso viel Spaß an ihrer Arbeit zu haben wie die begeistert singenden Kinder.

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