Wer zahlt die Rechnung?
Die Stadt Bremen schickte der Deutschen Fußball Liga eine Rechnung für den Polizeieinsatz. Zu Recht, urteilt jetzt ein Gericht. Die DFL will in Berufung gehen.
BREMEN (dpa) Auf den Profifußball in Deutschland kommen möglicherweise Millionenforderungen für polizeiliche Mehrkosten bei Hochrisikospielen der Bundesliga zu. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen billigte im Grundsatz entsprechende Gebührenbescheide des Bundeslandes Bremen an die Deutsche Fußball Liga (DFL) und gab dem Stadtstaat am Mittwoch in fast allen Punkten Recht. „Ein guter Tag für den Steuerzahler“, sagte Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), der auf Nachahmer in den Reihen der Bundesländer hofft.
Die DFL kündigte Revision beim Bundesverwaltungsgericht an. „Der Fußball ist nicht Verursacher von Gewalt, und eine bloße Umverteilung von Kosten führt nicht zur notwendigen Reduzierung der Polizei- einsätze“, sagte Liga-Präsident Reinhard Rauball. Sein Argument: Die öffentliche Sicherheit ist Kernaufgabe des Staates. DFB-Präsident Reinhard Grindel sieht das ähnlich: „Der Fußball ist nicht Störer. Der Kampf gegen Gewalt darf nicht privatisiert und kommerzialisiert werden, sondern ist Aufgabe der Polizei.“
Reinhard Grindel
In dem Streit geht es grundsätzlich um die Frage, ob der Profifußball an den Kosten für polizeiliche Mehrkosten bei sogenannten Rotoder Hochrisikospielen beteiligt werden darf. Bei solchen Spielen – wie etwa dem am Samstag in Bremen ausgetragenen Nordderby zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV – entstehen erhebliche Mehrkosten für verstärkte Polizeieinsätze. Wegen der Grundsätzlichkeit und der Allgemeinbedeutung der Frage, ließ das Gericht auch die Revision zu.
Die Richterin und OVG-Präsidentin Ilsemarie Meyer ließ in ihrer über einstündigen Urteilsbegründung keinen Zweifel, dass die Forderungen Bremens nach einer Kostenbeteiligung rechtmäßig sind. Die DFL sei als Mitveranstalter zu sehen und Bremen dürfe deshalb Gebühren verlangen. Verstöße gegen das Grundgesetz sah sie nicht. Auch die Höhe der Kosten und die Berechnungsart seien nicht zu beanstanden. „Die Kosten sind zwar erheblich, aber sie entsprechen der erbrachten öffentlichen Leistung“, so Meyer, die die Gewinnorientierung derartiger Großveranstaltungen hervorhob. Die Fußballspiele seien auch aufgrund der Sicherheitsleistungen der Polizei wirtschaftlich erfolgreich.
„Das ist ein Sieg auf ganzer Linie für den Senat“, räumte Bremens Club-Präsident Hubertus HessGrunewald bedauernd ein. „Es ist aber noch ein bisschen zu früh für große Siegesgesänge“, warnte er mit Blick auf die Revision. Volle Zufriedenheit bei Innensenator Mäurer: „Das ist kein knapper Sieg, sondern ein Sieg auf voller Breite.“Er will nun bei der Innenministerkonferenz (IMK) für den Bremer Weg werben. Es sei einfach nicht überzeu- gend, dass die Liga Milliarden-Umsätzen mache und Millionen-Gehälter zahle, und der Steuerzahler dann allein für die Sicherheitskosten aufkomme.
Das an Bundesliga-Standorten reiche Nordrhein-Westfalen reagierte zurückhaltend. „Die Polizei ist für Sicherheit und Ordnung im gesamten öffentlichen Raum zuständig – und damit auch im Umfeld von Fußballstadien. Ob sich aus dem Bremer Urteil auch für andere Bundesländer eine neue Bewertung ergibt, muss man sehen“, sagte Innenminister Herbert Reul (CDU). Hamburg will den Bremer Weg nicht gehen. „Die bisherige Haltung Hamburgs ist ja bekannt, wonach eine Beteiligung der Sportvereine oder der DFL an den Sicherheitskosten bei Polizeieinsätzen derzeit nicht geplant ist“, teilte die Behörde für Inneres und Sport mit.
Die Bremer Polizei schickt seit 2015 regelmäßig Gebührenbescheide an die DFL, die das operative Geschäft des Ligaverbandes führt, dem die 36 Vereine und Kapitalgesellschaften der ersten und 2. Bundesliga angehören. Es geht um mehrere Spiele und inzwischen fast zwei Millionen Euro. Vor Gericht ging es exemplarisch um die Partie Werder – HSV vom 19. April 2015. Nach dieser Partie landete aus Bremen eine Gebührenrechnung von über 425.000 Euro für polizeiliche Mehrkosten im DFL-Briefkasten. Auch wenn die Summe in der mündlichen Verhandlung auf 415 000 Euro reduziert wurde, ist die Forderung rechtens, wie das OVG befand.
„Der Fußball ist nicht Störer, der Kampf gegen
Gewalt darf nicht privatisiert werden“
DFB-Präsident