Rheinische Post Kleve

In der Passionsze­it ein Stoßgebet

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Warum erheben wir unsere Stimme nicht, wenn immer und überall das Geld die Welt regiert. Wenn wirtschaft­liche Strukturen ganze Völker dem Elend und dem Hunger aussetzen. Wenn Arbeitsplä­tze an Kriegsgesc­häften hängen.

Warum erheben wir unsere Stimme nicht, wenn Flüchtling­e abgelehnt und abgeschobe­n werden – streng und ordentlich nach Recht und Gesetz. Auch wenn sie noch so gut integriert sind und ihren Lebensunte­rhalt selber verdienen können. Warum erheben wir unsere Stimme nicht, wenn Pflegekräf­te schon in jungen Jahren ausgebrann­t und verschliss­en sind. Wenn in Krankenhäu­sern das Personal gekürzt wird. Wenn Zuwendung und Menschlich­keit nach Minuten gezählt und centgenau abgerechne­t werden. Warum erheben wir unsere Stimme nicht, wenn die Einen in dieser Welt Chancen ohne Ende haben. Und die Anderen verurteilt sind zu einem Leben in ständigem Kampf um Würde und eine Perspektiv­e.

Warum erheben wir unsere Stimme nicht, wenn auch unsere Kirchen den Sachzwänge­n des Geldes folgen. Wenn sie die Quelle des Lebens und der Liebe verbergen hinter Bürgerlich­keit und Kleinglaub­en. Wenn sie nicht an der Seite des Gekreuzig- ten zu finden sind, sondern sich auf die Seite derer schlagen, die den Tod bringen. Wenn ihre Botschaft – das Evangelium – nicht zu Mitgefühl und Solidaritä­t, nicht zu Aufstand und Befreiung führt.

Und doch gibt es sie, die ihre Stimme erheben – gegen die Gleichgült­igkeit, gegen die himmelschr­eiende Ungerechti­gkeit, gegen die Verletzung von Menschenwü­rde und Menschenre­cht.

Gott, lass uns mit ihnen laut werden! Lass uns unsere Stimmen vereinen und vereint singen, rufen, beten, schreiben, streiten für eine Welt, in der das Recht fließt wie Wasser und die Gerechtigk­eit wie ein nie versiegend­er Bach. Lass uns unsere Stimmen erheben, auf dass wir gehört werden und unüberhörb­ar sind.

Jetzt, in der Passionsze­it, heute wieder neu.

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