Rheinische Post Kleve

Gröhe geht, Spahn kommt

- VON EVA QUADBECK FOTOS: IMAGO, WOITSCHÜTZ­KE GRAFIK: SCHNETTLER

Die Kanzlerin bindet ihren schärfsten Kritiker Jens Spahn als Gesundheit­sminister ein. Hermann Gröhe verliert sein Amt. Als Bildungsmi­nisterin holt Merkel überrasche­nd Anja Karliczek aus NRW.

BERLIN Bundeskanz­lerin Angela Merkel stellt ihre Regierungs­mannschaft jünger und weiblicher auf. „Ich bin die Einzige, die das 60. Lebensjahr überschrit­ten hat“, stellte Merkel fest. Ihren bisher schärfsten Kritiker, den 37-jährigen Jens Spahn, will sie als Gesundheit­sminister ins Kabinett einbinden. Der bisherige Ressortche­f Hermann Gröhe wird dem Kabinett nicht mehr angehören. Zudem gab es eine große Überraschu­ng: Ebenfalls aus NRW soll die 46-jährige Diplomkauf­frau Anja Karliczek als Bildungsmi­nisterin am Kabinettst­isch Platz nehmen. Die dreifache Mutter sitzt erst seit 2013 im Bundestag. Kaum jemand hatte die Westfälin auf dem Zettel.

Gröhe bedauerte seinen Abgang: „Natürlich hätte ich diese Arbeit gerne fortgesetz­t“, sagte er unserer Redaktion. Er ist der zweite MerkelVert­raute, der gehen muss. Auch für Bundesinne­nminister Thomas de Maizière ist kein Platz mehr am Kabinettst­isch. Merkel sprach mit Blick auf die beiden Politiker von einer „schwierige­n, schmerzhaf­ten Entscheidu­ng“. Der Rheinlände­r Gröhe und der Westfale Spahn haben bereits eine Geschichte miteinande­r: Beim Parteitag 2014 trat Spahn in einer Kampfabsti­mmung gegen Gröhe um einen Platz im CDU-Präsidium an – und gewann.

Die Kanzlerin gab die mit Spannung erwarteten Personalie­n gestern Nachmittag bei einer Präsidiums­sitzung bekannt. „Mit diesem Team kann man jetzt auch die Aufgaben der Zukunft angehen“, sagte sie anschließe­nd. Schon vor einer Woche hatte Merkel mit einer Personalie überrascht, als sie die bisherige saarländis­che Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r als neue Generalsek­retärin vorschlug. Die 55-Jährige soll heute beim Parteitag in Berlin gewählt werden. Sie gilt als Merkels Favoritin für die Nachfolge als CDU-Chefin und auch als mögliche Kanzlerin.

Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen ist die einzige aus der alten Regierungs­mannschaft, die in ihrem Amt bleibt. Weiter im Kabinett – aber auf neuem Posten – bleibt Peter Altmaier: Der bisherige Kanzleramt­sminister wird das Wirt- schaftsres­sort übernehmen. Sein Nachfolger wiederum wird Helge Braun, der bislang als Staatsmini­ster im Kanzleramt diente. Wie erwartet wird CDU-Vize-Chefin Julia Klöckner neue Landwirtsc­haftsminis­terin. Von 2009 bis 2011 war sie bereits Staatssekr­etärin in diesem Ressort. Auch Spahn ist auf dem Posten des Gesundheit­sministers keine Verlegenhe­itslösung: Bevor er Finanzstaa­tssekretär wurde, war er zehn Jahre lang Gesundheit­spolitiker in der Fraktion. Unerwartet ist auch die Personalie Annette Widmann-Mauz: Die Vorsitzend­e der Frauenunio­n wird Staatsmini­sterin für Integratio­n. Klöckner sieht mit dem neuen Kabinett die CDU gut für die Zukunft aufgestell­t: „Jünger und weiblicher alleine – das ist kein Wert an sich“, sagte sie unserer Redaktion. „Die Mischung macht es.“Merkel zeige damit, dass sie über den Tag hinausdenk­e.

Die Kabinettsb­esetzung steht freilich unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Parteien zum Koalitions­vertrag. Die CDU will darüber bei einem Parteitag heute entscheide­n. Welche Minister SPD und CSU ins Kabinett schicken, wollen die Parteien erst nach den jeweiligen Abstimmung­en über den Koalitions­vertrag bekannt geben. Das SPD-Mitglieder-Votum läuft noch bis einschließ­lich Freitag. Am Sonntag soll das Ergebnis bekannt gegeben werden. Die CSU will sich am 5. März bei ihren Gremien grünes Licht für den Koalitions­vertrag holen. Leitartike­l Seite A 2 Politik Seite A4

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