Rheinische Post Kleve

Schluss mit „Augen zu und durch“

- VON BIRGIT MARSCHALL VON MATTHIAS BEERMANN TRUMP LEGT SICH MIT US-WAFFENLOBB­Y AN, SEITE A 5

Das Bundesverw­altungsger­icht hat ein mutiges, folgericht­iges und angemessen­es Urteil gefällt. Mutig ist es, weil Fahrverbot­e Millionen Dieselfahr­er betreffen, weil sie Hemmnisse und teure Einbußen auch für die lokale Wirtschaft, den Handel und die Autoindust­rie bedeuten können. Folgericht­ig aber ist die Entscheidu­ng, weil der Schutz der Gesundheit aller, das Gemeinwohl, schwerer wiegt als die Eigentumsr­echte der betroffene­n Autofahrer. Und angemessen ist das Urteil, weil es zumindest für Euro-5-Fahrzeuge eine Übergangsf­rist und auch Ausnahmen vorsieht.

Um zu verhindern, dass ein Flickentep­pich unterschie­dlicher Regelungen in den Städten entsteht, ist der Druck auf die mögliche große Koalition immens gewachsen, zu einer bundeseinh­eitlichen Regelung durch die „Blaue Plakette“zu kommen. Sie ist im Koalitions­vertrag nicht vorgesehen. Diese Verweigeru­ngshaltung aber – nach der Devise: Augen zu und durch – kann sich die Koalition jetzt nicht mehr leisten. Zu Recht fordert der Städtetag diese Plakette. Zwei Argumente dafür sind nicht zu entkräften: Erst durch das blaue Zeichen auf den Windschutz­scheiben würden Fahrverbot­e für die Polizei überhaupt kontrollie­rbar. Und nur mit der Plakettenp­flicht gäbe es einheitlic­he Regeln. Der Aufwand für Autofahrer und Kommunen ließe sich nur so begrenzen.

Das Urteil trifft vor allem die Dieselfahr­er, von denen viele erst vor Kurzem im guten Glauben ein Fahrzeug mit der Abgasnorm Euro 5 erworben haben. Ihre Autos verlieren gerade nicht nur rasant an Wert. Bald könnten sie auch nicht mehr überall gefahren werden. Dringende Aufgabe der Bundesregi­erung ist es daher, die Autoindust­rie zu zwingen, diesen Kunden die kostenlose Hardware-Nachrüstun­g ihrer Fahrzeuge zu ermögliche­n. Die Industrie hat schließlic­h nicht nur zu lange stur auf die Dieseltech­nologie und zu starke Motoren gesetzt. Schlimmer, sie hat die Öffentlich­keit getäuscht, indem sie auch noch Schummel-Software einbaute.

Die Autoherste­ller haben trotz des Dieselskan­dals zuletzt wieder hohe Gewinne erzielt. Sie sollten einen beträchtli­chen Teil davon verwenden müssen, um Dieselfahr­er nicht auf dem Schaden sitzenzula­ssen. Die Ignoranz, die die Autoindust­rie in diesem Skandal an den Tag legt, ist an sich schon wieder ein Skandal. Nach dem Urteil hat sie eine weitere Chance, verlorenes Vertrauen zurückzuge­winnen. Es wäre ein Armutszeug­nis auch der neuen Regierung, wenn am Ende doch wieder die Steuerzahl­er für einen Schaden aufkommen müssten, den andere – aktiv die Industrie, passiv die Politik – verursacht haben. BERICHT LAND WILL FAHRVERBOT­E BIS 2020 VERMEIDEN, TITELSEITE

STrumps Taten zählen

ieh mal einer an: Präsident Donald Trump kritisiert die amerikanis­che Waffenlobb­y, deren Verband NRA Millionen an jene Politiker spendet, die sich gegen striktere Waffengese­tze stemmen. Und eigentlich wirkte Trump bisher ja auch wie ein natürliche­r Verbündete­r der NRA. Seit er im Weißen Haus sitzt, sind sogar die Waffenverk­äufe eingebroch­en, weil kein Amerikaner befürchten muss, der Erwerb eines Schießeise­ns könnte in Trumps Amtszeit auch nur ansatzweis­e beschränkt werden.

Was soll man also halten von Trumps plötzliche­r Härte gegenüber der Waffenlobb­y, die unter dem Eindruck des jüngsten Schulmassa­kers in Florida mit 17 Toten erfolgte? Ist das nun bessere Einsicht oder doch nur wieder einer dieser Haken, die der Präsident so gerne schlägt? Man wird Trump an seinen Taten messen müssen, nicht an seinen auch diesmal widersprüc­hlichen Worten. Wenn er tatsächlic­h schärfere Vorschrift­en für den Kauf von Waffen durchsetzt, wäre das immerhin ein Anfang. Aber nur ein totales Verbot des Verkaufs von Sturmgeweh­ren, wie es schon einmal galt, würde wirklich helfen. BERICHT

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