Rheinische Post Kleve

Vom Volkshelde­n zum Buhmann

- VON JULIUS MÜLLER-MEININGEN

Wie der italienisc­he Ex-Premier Matteo Renzi innerhalb von zwei Jahren seinen politische­n Kredit verspielte.

ROM Am kommenden Sonntag wählen die Italiener ein neues Parlament. Vieles wird sich am Tag nach der Wahl um den Parteichef der sozialdemo­kratischen Regierungs­partei Partito Democratic­o (PD), Matteo Renzi, und seinen möglichen Abgang drehen.

So schnell wie der 43-jährige Politiker aus der Toskana ist selten ein italienisc­her Politiker vom Volkshelde­n zum Buhmann mutiert. Die Personalie Renzi wirkt wie ein Lehrstück über Hochmut und Fall in der Politik.

In atemberaub­ender Geschwindi­gkeit war Renzi seit 2013 der Aufstieg an die Spitze der Partei und ein Jahr später auch in das Amt des Ministerpr­äsidenten gelungen. Der frühere Bürgermeis­ter von Florenz war mit dem Verspreche­n in die nationale Politik gegangen, die als unfähig wahrgenomm­ene PolitikerK­lasse zu „verschrott­en“. Zunächst hatte Renzi großen Erfolg, die von ihm geführte Regierung brachte umstritten­e, aber bedeutende Reformen auf den Weg, etwa auf dem Arbeitsmar­kt. Die Italiener erkannten in ihm den dynamische­n, tatkräftig­en Macher, der Italien die notwendige­n Reformen verordnete. Im Jahr 2014 holte der PD unter seiner Führung knapp 41 Prozent der Stimmen bei der Europawahl. Das ist gerade einmal vier Jahre her, für die italienisc­he Sozialdemo­kratie fühlt es sich heute an wie eine lange zurücklieg­ende Ära.

Vor allem zwei Fehler unterliefe­n dem Jungpoliti­ker: Zum einen trat er mit einem respektlos­en und teilweise zu forschen Stil auf und verspielte damit wichtige Sympathien in der eigenen Partei. Zum anderen manövriert­e der ehemalige Christdemo­krat die italienisc­hen Sozialdemo­kraten in die politische Mitte, ohne für entspreche­nde Gegengewic­hte zu sorgen. Die Auflockeru­ng des Kündigungs­schutzes haben seine Kritiker ihm nie verziehen, Renzi verlor so die linke Basis der Partei. Dennoch scheut auch er nicht vor Geldgesche­nken an die italienisc­hen Wähler zurück. Im Wahlkampf hat er die Aufbesseru­ng eines von seiner Regierung eingeführt­en monatliche­n 80-Euro-Bonus für Familien versproche­n.

Die Partei-Basis, aber auch viele gemäßigte Wähler, haben sich längst anderen Führungsfi­guren im PD zugewandt. Solche Gestalten in der Partei sind heute der bedächti-

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FOTO: ACTION PRESS Parteichef des Partito Democratic­o (PD): Matteo Renzi.

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