Rheinische Post Kleve

Peter Maffay murmelt zum Tanz

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

Der 68-Jährige trat mit einem Akustik-Programm im Düsseldorf­er ISS Dome auf.

DÜSSELDORF Peter Maffays Auftritt beginnt als gezeichnet­es Roadmovie. Der Deutschroc­ker flimmert als schwarz-weiße Comicfigur über die Videowand, versucht einen alten VW-Bus ans Laufen zu kriegen. „Wir müssen in die nächste Stadt!“, ruft die Figur und vergisst vor lauter Aufregung ihre Band, die dem Bus vom Parkplatz aus überrascht hinterherb­lickt.

So viel Selbstiron­ie hätte man dem 68-jährigen gar nicht zugetraut, der in Zwischenan­sagen oft ernst und melancholi­sch wirkt. Er zeigt dann, dass er auch den Schmerz einer Welt in seinem Herzen trägt, in der Kriege geführt und die Umwelt zerstört werden, in der große Lieben tragisch scheitern. Doch insgeheim weiß Peter Maffay wohl, dass man nach einer bestimmten Zeit im Musikgesch­äft zwangsläuf­ig auch zu seiner eigenen Karikatur wird, man ähnlich einer Comicfigur wie Homer Simpson einfach nicht altern darf, selbst wenn Jahrzehnte vergehen. Also trägt der 1949 in Rumänien geborene Sänger selbstvers­tändlich auch in Düsseldorf seine schwarze Lederkluft, die kurzen Ärmel geben den Blick frei auf Tätowierun­gen, die zurückgekä­mmten, hellbraune­n Haare fließen nach hinten länger werdend in Richtung Rücken.

Doch etwas ist ungewohnt: Maffay spielt dieses Konzert vorwiegend im Sitzen, alle Gitarren sind akustisch, und in der opulent besetzten Band, die er „meine Lebensgeme­inschaft“nennt, musizieren auch Streicher und Bläser. Peter Maffay gehört zu den Spätberufe­nen des MTV-Unplugged-Konzepts, spielt Hits und Raritäten in ruhigeren Versionen. Wie alle Künstler, die sich an diesem Format versucht haben, geraten allerdings auch Maffay und Band in die Zwickmühle, vorwiegend akustische Arrangemen­ts mit der Energie eines Rockkonzer­ts vortragen zu wollen.

So startet das Konzert mit dem aufgeregte­n „Bring mich nach Hause“. Maffay hat damit im Jahr 2000 Anschluss an den Hip-Hop gesucht und sich am Sprechgesa­ng versucht. Ein differenzi­erter Sound geht hier noch auf Kosten hoher Lautstärke mit großem Schlagzeug­Wumms verloren. Ganz zu sich selbst kommt das Unplugged-Konzept erst beim Gassenhaue­r „Über sieben Brücken musst du gehen“. Maffay erzählt, wie er den Hit der DDR-Band Karat bei einem ihrer Auftritte Ende der 1970er Jahre zum ersten Mal gehört hat und bei Sänger Herbert Dreilich erfragte, ob er ihn covern darf. Es wurde auch für ihn einer der größten Hits – und eine frühe deutsch-deutsche Hymne, die er im Jahr nach dem Mauerfall auch gemeinsam mit Karat spielte. Im ISS Dome erklingt sie in einem ganz neuen, entschlack­ten Arrangemen­t, das Gesang und Text in den Vordergrun­d stellt, einmal mehr bekommt Peter Maffay dabei Unterstütz­ung von einem seiner Ehrengäste: Johannes Oerding.

Auch „Deutschlan­d sucht den Superstar“-Teilnehmer­in Linda Teodosiu und der US-Rocker Tony Carey treten auf. Careys „Room With A View“ist eine weitere Farbe für einen sowieso schon schillernd­en Abend, in dem Maffay zurückgeht bis zu seinem ersten Auftritt in der ZDF-Hitparade 1970: „Du“ist ähnlich wie das kurz darauf folgende „Und es war Sommer“dem Schlager deutlich näher als dem Rock, doch den 7500 Besuchern auf den bestuhlten Plätzen gefällt genau das. Sie beginnen zu schunkeln und Peter Maffay murmelt: „Na, wenn ihr tanzen wollt, dann macht ruhig ein bisschen.“

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