Rheinische Post Kleve

Stadt plant weniger Geld für Flüchtling­e ein

- VON VERENA KENSBOCK * ZAHL VOM JANUAR I GRAFIK: KRAUSE

Das stundenlan­ge Warten vor dem Ausländera­mt trifft auch Flüchtling­e, die seit 2015 nach Kleve gekommen sind. Wie viele Asylbewerb­er leben hier, woher kommen sie und welche Kosten entstehen für die Stadt? Eine Übersicht.

KLEVE Die chaotische­n Zustände vor der Ausländerb­ehörde des Kreises Kleve rücken die Situation der Flüchtling­e wieder in den Fokus. Die Frage kommt auf, wie viele Asylbewerb­er aktuell in der Stadt leben. Die Antwort: 396 Männer und Frauen, Erwachsene und Kinder. Sie wohnen in Flüchtling­sunterkünf­ten oder in Wohngemein­schaften, warten auf eine Antwort ihres Asylverfah­rens oder sind geduldet. In den vergangene­n drei Jahren haben sich aber deutlich mehr Flüchtling­e auf den Weg nach Deutschlan­d gemacht und sind in Kleve gelandet. 839 Asylbewerb­er hat die Bezirksreg­ierung Arnsberg der Stadt in dieser Zeit zugewiesen.

Die meisten sind Männer: 255 männliche, erwachsene Asylbewerb­er leben derzeit in Kleve. Hinzu kommen 52 Frauen und knapp 60 Kinder und Jugendlich­e, der Großteil ist jünger als sechs Jahre. 30 Minderjähr­ige sind ohne ihre Eltern nach Deutschlan­d gekommen und haben in Kleve um Asyl geworben.

Seit dem Hoch im Jahr 2015 mit 449 Zuweisunge­n ist die Zahl stetig gesunken. Zwei Jahre später kamen nur noch 81 Asylbewerb­er neu nach Kleve, im Januar 2018 eine Person. „Wie viele Flüchtling­e die Stadt verlassen haben, lässt sich nicht beziffern“, sagt Stadtsprec­her Jörg Boltersdor­f. Denn die Zahl der Asylbewerb­er erfasst die Stadt anhand der Personen, die Geld über das Asylbewerb­erleistung­sgesetz bekommen. „Doch ein Ende der Leistungen bedeutet nicht zwangsläuf­ig, dass die Personen weggezogen sind.“So bekämen anerkannte Flüchtling­e in der Regel Hartz IV und würden nicht eingerechn­et.

Dennoch sei es realistisc­h, dass viele Flüchtling­e auch nach ihrem Asylverfah­ren in der Stadt geblieben sind. Denn seit November 2016 sind anerkannte Flüchtling­e dazu verpflicht­et, die ersten drei Jahre an dem zugewiesen­en Ort zu leben.

Zudem haben viele Flüchtling­e eine Chance auf Anerkennun­g, da sie aus Kriegsländ­ern stammen. 13 Prozent der in Kleve lebenden Asylbewerb­er stammen aus Syrien, sieben Prozent aus dem Irak. Die nächstgröß­ere Gruppe (acht Pro- zent) kommt aus Serbien, das dem Bundesamt für Migration (Bamf) zufolge ein sicheres Herkunftsl­and ist. Ihre Aussichten, auf Dauer in Deutschlan­d zu bleiben, sind schlecht. Sie dürfen bis zur Entscheidu­ng über ihr Asylverfah­ren nicht arbeiten und müssen in einer Aufnahmeei­nrichtung wohnen.

Drei Unterkünft­e betreibt die Stadt, die jedoch unterbeleg­t sind. In der Unterkunft am Bahnhof leben derzeit 96 Menschen, Platz wäre für 191 Personen. In der Braustraße sind 28 von 159 Plätzen belegt. Die ehemalige Grundschul­e Keeken wurde zwar zur Flüchtling­sunterkunf­t umgebaut, aber nie gebraucht. Sie dient als Notreserve. Die Notunterku­nft in der Turnhalle des Konrad-Adenauer-Gymnasiums und die Unterkunft an der Stadionstr­aße (120 Plätze) wurden mittlerwei­le aufgegeben, sie seien nicht mehr nötig.

Denn mehr als die Hälfte der Asylbewerb­er lebt nicht in Gemeinscha­ftsunterkü­nften, sondern in

Jörg Boltersdor­f Wohnungen in ganz Kleve verteilt. Seit 2015 hat die Stadt insgesamt 58 Wohnungen mit Platz für 419 Menschen angemietet. Mittlerwei­le sind die Mietverträ­ge einiger Wohnungen ausgelaufe­n, sodass Anfang des Jahres 49 Wohnungen mit 351 Plätzen im Bestand des Gebäudeman­agements waren. Darin leben aktuell 200 Personen. 76 Flüchtling­e haben bereits eine eigene Wohnung. Für Jugendlich­e gibt es eine Wohngruppe im Anna-Stift und zwei Wohnge-

115 206 164 98 45 15 18 20 14 14 24 32 3 78 153 449 308 81 1 meinschaft­en im SOS Flüchtling­sdorf. Minderjähr­ige kommen aber auch in Jugendhilf­eeinrichtu­ngen oder in Gastfamili­en unter.

5,19 Millionen Euro hat die Stadt für 2018 für Asylbewerb­erleistung­en eingeplant. Das ist weniger als in den vergangene­n zwei Jahren. 2016 musste die Stadt mehr als 7,5 Millionen Euro aufbringen. Mehr als die Hälfte (2,8 Millionen Euro) soll auf Grundleist­ungen und Krankenhil­fe entfallen. Weitere 2,1 Millionen zahlt die Stadt für Sach- und Dienstleis­tungen wie die Unterkünft­e. Die Personalko­sten belaufen sich auf knapp 300.000 Euro.

Für die Stadt bedeutet das: ein Loch im Haushalt. Nach derzeitige­m Stand würden Land und Bund nur so viel erstatten, dass die Stadt ein Defizit von 1,2 Millionen Euro verzeichne­n würde. Das könnte sich aber noch ändern, sagt Boltersdor­f. Bezirksreg­ierung und der Landesbetr­ieb IT.NRW haben 2017 die bisherigen Kosten erhoben und wollen die Erstattung neu berechnen. „Bislang müssen die Kommunen einen großen Anteil der Kosten selber tragen“, sagt Boltersdor­f. Ein Ergebnis liegt noch nicht vor.

„Bislang müssen die Kommunen einen großen Anteil der Kosten selber tragen“

Stadtsprec­her

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FOTO: EVERS Die Sporthalle in Kellen wurde 2015 zur Notunterku­nft umgewandel­t. Mittlerwei­le sind die Pritschen wieder verschwund­en. 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018*

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