Sozialdemokraten wollen den Neuanfang
Mit dem sich abzeichnenden Kabinett setzen Nahles und Scholz das Zeichen eines Neuanfangs. Zudem befreien sie sich von Ballast: Sigmar Gabriel, obwohl im Volk beliebt, bekommt keinen Posten mehr. Die verbreitete Begründung dafür ist, er sei kein Teamspieler. Das ist richtig. Nahles hat aber einen weiteren triftigen Grund, Gabriel aus dem Spiel zu nehmen. Bei der spätestens in zwei Jahren anstehenden Debatte um den nächsten SPD-Kanzlerkandidaten könnte ein Schwergewicht wie Gabriel für Unwucht sorgen. Die K-Frage bleibt für Nahles dennoch kompliziert genug: Sie oder Scholz? Und welches Mitspracherecht gibt man der Basis, die ihrer Führung inzwischen gründlich misstraut?
Mit der neuen Mannschaft und dem Koalitionsvertrag hat die SPD die Chance, aus ihrem Umfragetief herauszukrabbeln. Allerdings kann das nur funktionieren, wenn es Nahles gelingt, die destruktive Debattenkultur der SPD zu verändern. Ihre angestrebte Doppelrolle wird noch für Konflikte sorgen. Als Fraktionschefin muss sie die Mehrheiten für die Regierung organisieren. Als Parteichefin muss sie zugleich Verbündete der Basis sein. Anders kann sie das Vertrauen der Genossen nicht zurückgewinnen. BERICHT SPD ÜBERRASCHT MIT NEUER AUFSTELLUNG, TITELSEITE
AGefahr von rechts
uf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 ist die Zahl der rechtsradikalen Straftaten in NRW sprunghaft gestiegen. Davon hat NRW sich bis heute nicht erholt. Die Flüchtlingszahlen sind längst rückläufig, aber die rechtsextreme Gewalt hat sich auf hohem Niveau manifestiert.
Die Flüchtlinge sind aber nicht die Ursache. Verantwortlich sind fremdenfeindliche Aktionsplattformen wie Hogesa und Pegida sowie die Radikalisierung der AfD, mit der sich fremdenfeindliche Ressentiments auch in Teilen des Bürgertums etabliert haben. Die schleichend wuchernde Akzeptanz von fremdenfeindlichen Thesen ist der wahre Nährboden für rechtsradikale Gewalt.
Um fremdenfeindlichen Rattenfängern das Handwerk zu legen, müssen ihre Pseudo-Argumente widerlegt werden. Immer. Und immer sofort. Im öffentlichen Raum wie auf privaten Partys. Das ist anstrengend, denn dafür muss man zum Beispiel gut informiert sein. Aber wer nicht nur „gegen rechts“posieren, sondern wirklich etwas verändern will, muss diese Demokratie-Arbeit leisten. BERICHT RECHTSRADIKALE TATEN . . ., TITELSEITE
Politikversagen Datteln
Datteln IV sollte zum Synonym für moderne Erzeugung werden: Es sollte das effizienteste und klimafreundlichste Kohlekraftwerk der Welt werden. Statt dessen wurde es zum Synonym für Politik- und Technikversagen. 2011 sollte die Anlage ans Netz. Doch bis auf den Kühlturm haben Umweltverbände jedes Gebäude auf dem Gelände beklagt. Rot-Grün warf Eon und Uniper immer neue Knüppel zwischen die Beine, so verschärfte das Land willkürlich die Grenzwerte für den Quecksilber-Ausstoß. Das hat Schwarz-Gelb nun korrigiert. Durch die Verzögerungen stellt sich aber erst jetzt heraus, dass auch noch der Kessel defekt ist. Es ist nicht das erste Mal, dass der Lieferant Hitachi Ärger macht. Die Japaner müssen sich fragen lassen, ob sie ihren vermeintlichen Wunderstahl nicht viel zu früh und mangelhaft getestet auf den Markt geworfen haben.
Ausbaden muss das Ganze Uniper. Absurd: Datteln wartet weiter auf den Startschuss, während die Bundesregierung einen Fahrplan zum Kohleausstieg schreibt. Das ist das Gegenteil von Planungssicherheit. So treibt man die Industrie aus dem Land. BERICHT