Sind Dividenden besser als Zinsen?
In den USA steigen die Zinsen, die Europäische Zentralbank hält sich mit Zinserhöhungen noch zurück. Für die Entwicklung von Anleihen hat das Konsequenzen. Anleger, die laufende Einnahmen erzielen wollen und auf den Werterhalt ihres Vermögens achten, sollten jetzt vorsichtig taktieren und mögliche Alternativen zu Anleihen ins Auge fassen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) lässt zwar immer noch die Gelddruckwalzen kräftig rotieren. Sie belässt die Zinsen niedrig und kauft monatlich Staatsanleihen auf. Mario Draghi sorgt damit weiterhin für gute Laune an Europas Börsen. Aber der Notenbankchef kennt auch die Schattenseite: Billiges Geld dank niedriger Zinsen ist zwar ein Geschenk für Anleger, die in Aktien investieren – aber ein Graus für Rentenpapiere und Zinssparer. Bundesanleihen bringen kaum noch positive Erträge. Wer wenigstens zwei oder drei Prozent Rendite einfahren will, muss schon auf Anleihen von Unternehmen mit niedriger Bonität ausweichen.
Dazu kommt: Auf der anderen Seite des Atlantiks zieht die US-Notenbank die Zinszügel seit geraumer Zeit wieder enger an. Das bringt die EZB über kurz oder lang unter Handlungsdruck. Würde sie dem Beispiel der US-Amerikaner folgen, würde das für Anleihen, die auf Euro lauten, Kursver- luste bedeuten. Für Anleger, die diese Papiere im Depot halten oder jetzt mit dem Gedanken spielen, Euro-Anleihen zu kaufen, ist das keine angenehme Perspektive.
Wer als konservativer Investor Wert auf regelmäßigen Kapitalfluss aus festverzinslichen Anlagen legt und gleichzeitig ruhig schlafen möchte, kommt angesichts dieser Situation zu Recht ins Grübeln. Die Finanzindustrie lockt Anleger deshalb seit geraumer Zeit mit dem Slogan „Dividenden sind die neuen Zinsen“und wirbt für Indexfonds, die eine Dividendenstrategie verfolgen, darunter der ETF Euro Stoxx Select Dividend 30 von iShares (WKN 263528), der die Wertentwicklung der 30 dividendenstärksten Aktien aus den Ländern der Eurozone nachvollzieht.
Der Index, der dem ETF als Basiswert dient, enthält ausschließlich Unternehmen, deren Dividende in den vergangenen fünf Jahren nicht gesunken ist und bei denen das Verhältnis von Dividende zu Gewinn je Aktie höchstens 60 Prozent beträgt. Wichtig für Dividendenjäger: Der ETF schüttet regelmäßig die Dividenden der im Index enthaltenen Aktien aus.
Weitere Beispiele für Dividenden-Produkte sind die beiden ETFs auf den Stoxx Global Select Dividend 100 Index von x-trackers (WKN DBX1DG) und iShares (WKN A0F5UH). Der Index, auf den sich die beiden ETFs beziehen, enthält 100 Aktien mit hohen Dividendenausschüttungen aus dem Stoxx Global 1800 Index, der sich aus 600 europäischen, 600 nordamerikanischen und 600 Werten aus dem asiatisch-pazifischen Raum zusammensetzt. Der Index ist dadurch breiter diversifiziert als der Euro Stoxx Select Dividend 30 Index – enthält aber aufgrund der weltweiten Streuung auch ein gewisses Währungsrisiko.
Sieht man sich die Wertentwicklung der Finanzprodukte in den vergangenen Jahren an, muss man feststellen: Die Idee, in Dividenden-Strategien zu investieren, ist an sich nicht schlecht, die Dividendenrendite liegt in der Regel über dem, was Sparer von einer Bundesanleihe erwarten können.
Auch wenn ein hoher Dividenden-Kupon lockt, gilt jedoch: Eine höhere Renditechance bedeutet auch ein höheres Risiko. Der Vergleich zwischen Dividenden-Titeln und Anleihen hinkt deshalb etwas. Wer in eine Bundesanleihe investiert, bekommt am Ende der Laufzeit 100 Prozent des Nominalwertes zurückgezahlt. Die Ausfallwahrscheinlichkeit liegt dort bei nahe null Prozent. Die Rendite über die Laufzeit und das Risiko von Kursverlusten lassen sich sehr genau kalkulieren. Das gilt für Aktien nicht. Aktien haben keine Laufzeit. Sie können theoretisch unendlich im Wert steigen – aber auch stark an Wert verlieren. Deshalb sollten Anleger ihr Risiko bei der Anlage in Dividendenaktien reduzieren, indem sie ihr Kapital breit streuen.
Bei der Auswahl der Investments gilt es deshalb, genau hinzusehen. ETFs auf klassi- sche Aktienindizes oder aktiv gemanagte Dividenden-Fonds bieten zwar eine gewisse Verteilung des Risikos auf verschiedene Aktien. KlumpenRisiken sind aber nicht ausgeschlossen. Im Stoxx Global Select Dividend 100 Index beispielsweise, der zu einem Drittel Aktien aus den USA und Kanada enthält, findet sich unter den Top-10 keine deutsche Aktie. Beim aktiv gemanagten Verkaufsschlager, dem Fonds DWS Top Dividende (WKN 984811), liegt der Nordamerika-Anteil bei 43 Prozent, die Eurozone ist nur zu rund 20 Prozent vertreten.
Als Anleger muss man sich da fragen, ob man fast zur Hälfte in US-Dollar-Werten investiert sein will. Es ist eine grundsätzliche Entscheidung. Auch die Branchenverteilung sollten sich Anleger genau ansehen. Der Dax zum Beispiel besteht zu einem Viertel der Gewichtung aus Finanztiteln. Entsprechenden Einfluss hätte es auf den Index, wenn die Finanzbranche noch einmal unter Druck geraten und die Kurse stark sinken würden.
Auch der Dividendenindex DivDax bietet dazu keine wirkliche Alternative: In den vergangenen fünf Jahren haben sich die beiden Indizes nahezu identisch entwickelt. Deshalb sollten Anleger sich die Zusammensetzung der Indizes, die den ETFs als Basiswert dienen, genau ansehen und einen Mix zusammenstellen, der Klumpenrisiken bei Währungen und Branchen vermeidet. Langfristig sollte solch ein gut gemischtes internationales Aktien-Portfolio ohnehin mehr Rendite bringen als Anleihen – selbst ohne Blick auf die Dividendenrendite.
Billiges Geld dank niedriger Zinsen ist
ein Graus für Rentenpapiere und
Zinssparer Anleger ihr Risiko bei der Anlage in Dividendenaktien reduzieren und
breit streuen