Rheinische Post Kleve

Das Ende der Herrensitz­route

- VON SEBASTIAN LATZEL

Derzeit werden die Schilder für den beliebten Radweg überall abgebaut. Der Grund dafür ist, dass sämtliche Fahrradtou­ren am Niederrhei­n auf das Knotenpunk­tsystem der Niederland­e umgestellt werden.

GOCH/WEEZE Es ist irgendwie paradox: Die Herrensitz­route, die Radler an schmucken Schlössern und Herrenhäus­ern vorbeiführ­t, ist bei den Ausflügler­n beliebt und gefragt. Trotzdem wird diese Route jetzt abgebaut und damit bald Geschichte sein. Die Internetse­ite der Route ist bereits abgestellt, in der analogen Welt haben die Kommunen den Abbau gestartet. „Wir sind zu Gange. Alle Schilder werden abmoniert, bald soll nichts mehr an diese Route erinnern“, berichtete Khalid Raschid von der Gemeinde Weeze, die so etwas wie die Federführu­ng bei dem Herrensitz-Projekt übernommen hat und auch in Goch für das Abschraube­n verantwort­lich ist.

Auch Rashid weiß, dass die Tour bei Radlern sehr beliebt war. „Aber uns geht es einfach darum, das System zu vereinheit­lichen, und mit den Tafeln der Herrensitz­route gab es in der Vergangenh­eit schon mal hin und wieder Kuddelmudd­el“, sagt der Tourismuse­xperte aus Weeze. Und nichts ist schlimmer auf der Radtour, als wenn plötzlich die Orientieru­ng fehlt.

Während die Herrensitz­route abgebaut wird, laufen gleichzeit­ig die Vorbereitu­ngen, die Region auf das Knotenpunk­t-System umzustelle­n. Dieses „Fahren nach Zahlen“stammt aus den Niederland­en und hat dort die Radtouren erheblich vereinfach­t. Die Radler suchen sich für ihre Tour einfach die entspreche­nden Nummern aus, notieren sie auf einem Zettel und fahren die Zahlen nach und nach ab – fertig ist die Radtour. Länge und Route sind dabei individuel­l und variabel. Viersen hat das Knotenpunk­tsystem bereits, die Kreise Wesel und Kleve zie- hen jetzt nach. Ab Spätsommer sollen dann auch hier in der Region Touren über die Grenze anhand der Knotenpunk­te möglich sein. Würde man die Herrensitz­route beibehalte­n, bestünde die Gefahr, dass manche Punkte doppelt vergeben werden. „Es geht einfach darum, eine einheitlic­he Regelung hier im Grenzraum zu etablieren“, sagt Rashid.

Unter der Federführu­ng des Tourismusb­üros der Gemeinde Weeze war 1994 die Herrensitz-Route an Maas und Niers, damals mit zwölf deutsch-niederländ­ischen Partnerkom­munen im Rahmen eines Interreg-Projektes der Euregio RheinWaal, als grenzübers­chreitende Fahrradrou­te ins Leben gerufen worden. 1998 wurde die Route um acht Partnerkom­munen, fünf niederländ­ische und drei deutsche, erweitert und mit Knotenpunk­ten auf deutscher und niederländ­ischer Seite ausgestatt­et, um eine Erleichter­ung für Radfahrer bei der Orientieru­ng entlang der 16 Rundkurse zu gewährleis­ten. Beteiligt

sind seit- dem: Alpen, Arcen, Bergen, Boxmeer, Cuijk, Geldern, Gennep, Goch, Grave, Issum, Kerken, Kevelaer, Mill, Rheurdt, Sint Anthonis, Sonsbeck, Straelen, Uedem, Wachtendon­k und Weeze. 1998 war dieser Schritt ein Novum, denn die Route war die erste thematisch­e Route, die Knotenpunk­te nutzte. Es war eine pragmatisc­he Entscheidu­ng, denn die niederländ­ischen Provinzen Limburg und Nord-Brabant hatten schon längst auf das Fahren nach Zahlen gesetzt.

„Die Umstellung auf das Knotenpunk­tsystem im Kreis Kleve ist eine wichtige Errungensc­haft, die den Rückbau der Herrensitz-Route rechtferti­gt“, so Rashid, der bei der Einrichtun­g der Route sogar mit dem Rad Teilstreck­en der Herrensitz-Route extra gefahren ist. Er ist davon überzeugt, dass die Einführung und Umsetzung des Knotenpunk­tsystems das grenzübers­chreitende Fahrradfah­ren verbessern und das Gesamtbild der deutschnie­derländisc­hen Region besser prägen wird. Wie genau die Routen nach der Umstellung verlaufen werden, wird derzeit erarbeitet. Goch hat seine Knotenpunk­te bereits definiert und dem Kreis Vorschläge unterbreit­et.

Die Umstellung auf das Knotenpunk­tsystem kostet 430.000 Euro, 300.000 Euro gibt es als Zuschuss vom Land.

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FOTOS: PIXABAY/LATZEL (ARCHIV) Die Schilder, die die Herrensitz­route markierten (links), werden derzeit abgenommen und durch die des Knotenpunk­tsystems (rechts) ersetzt.
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