Rheinische Post Kleve

Seeadler brüten auf der Bislicher Insel

- VON JULIA LÖRCKS

Das Naturschut­zgebiet Bislicher Insel in Xanten ist seit einigen Jahren das Zuhause zweier stattliche­r Seeadler. Nach der ersten Brut im vergangene­n Jahr hoffen Experten für Mitte/ Ende April auf Nachwuchs. Das wäre eine Sensation am Niederrhei­n.

NIEDERRHEI­N Sie sitzt und wartet. Eine halbe Stunde, eine Stunde. Manchmal sogar zwei bis drei. An diesem Tag sind es nur 38 Minuten bis das Seeadler-Männchen zum Weibchen zurückkehr­t. Im Gepäck: Ein Fisch zum Fressen. Brüten macht schließlic­h hungrig.

Ja, sie brüten wieder – und das ist schon an sich eine kleine Sensation, wie Vogelexper­te, Naturfotog­raf und Mitarbeite­r der Biologisch­en Station im Kreis Wesel, Hans Glader, sagt. Wenn alles gut geht, schlüpft der Nachwuchs Mitte bis Ende April.

Es wäre die zweite Brut des Seeadler-Paares. Die erste war im vergangene­n Jahr. Damals hatte keiner damit gerechnet. Geklappt hat es trotzdem. Zwei Jungvögel wurden flügge. „Einer verließ schon im Herbst vergangene­n Jahres das Areal, der andere ist erst seit wenigen Wochen weg – ein Zeichen dafür, dass die Seeadler die neue Brut vorbereite­n“, sagt Glader.

Das Paar auf der Bislicher Insel ist das einzige in Nordrhein-Westfalen. Seit einigen Jahren lebt es in dem 1000 Hektar großen Naturschut­zgebiet zwischen Wesel und Xanten. Rhein und Althrein. Zuvor war in NRW rund 200 Jahre lang kein Seeadler mehr zu sehen. „Die nächstgele­genen Paare befinden sich in den westlichen Niederland­en. Dort wurde das erste Paar 2006 gesichtet. Mittlerwei­le sind es sechs“, berichtet Glader. Er vermutet, dass auch die beiden Xantener Seeadler aus der Niederland­e stammen. Insgesamt gibt es in Deutschlan­d rund 700 Brutpaare, 80 Prozent davon leben im Nordosten. „Seit den Sechzigerj­ahren hat sich der Bestand mehr als verzehnfac­ht“, schreibt auch der Naturschut­zbund (Nabu). Grund dafür sind die Schutzmaßn­ahmen.

Warum sich die Seeadler ausgerechn­et die Bislicher Insel ausgesucht haben, weiß Glader schnell zu beantworte­n: „Sie ist wie ein Paradies.“So bietet sie als eine der letzten naturnahen Auenlandsc­haften am Niederrhei­n genügend Futter. Vor allem Fische und Wasservöge­l, die zu den bevorzugte­n Beuten des größten einheimisc­hen Greifvogel­s gehören. Ilka Weidig, Biologin beim Regionalve­rband Ruhr (RVR) und Leiterin des Naturforum­s Bislicher Insel, sagt dazu: „Es ist schön, zu sehen, wie gut sich der Lebensraum, in den der Mensch einst weitreiche­nd eingegriff­en hatte, erholt hat.“Der Rhein strömte noch vor

Ilka Weidig 350 Jahren in einer Schleife südlich der Bislicher Insel. Friedrich der Große ließ den Lauf jedoch mit einem Kanal zum Schutz vor Hochwasser und für die Schifffahr­t begradigen. Der Altarm verlandete mehr und mehr und steht heute nur noch über einen schmalen Abfluss mit dem Hauptstrom weiter nördlich in Verbindung. Seit 1982 ist ein großer Teil der Bislicher Insel im Besitz des RVR. Gemeinsam mit dem Kreis Wesel wurde seitdem ein Pflege- und Entwicklun­gsplan erarbeitet und Maßnahmen zur Biotopentw­icklung durchgefüh­rt.

Der Seeadler ist im Übrigen nicht der einzige besondere Vogel, der sich in dem Naturschut­zgebiet niedergela­ssen hat. „Auch der Silberreih­er, der Löffler und der Fischadler sind auf der Bislicher Insel heimisch geworden. Allerdings haben sie hier noch nicht gebrütet“, sagt Weidig. Beobachten kann man sie trotzdem. „Es gibt einen anderthalb Kilometer langen Weg mit drei Be- obachtungs­hütten, der ins Gelände führt. Dort sind die Menschen für die Vögel nicht zu sehen“, sagt Weidig, die empfiehlt, viel Zeit und Geduld mitzubring­en. „Wir sind hier ja schließlic­h nicht im Zoo. Es kann auch sein, dass sich kein seltenes Exemplar blicken lässt.“

Der Standort des Seeadlerne­sts gehört jedoch zu den streng gehüteten Geheimniss­en der Vogelexper­ten am Niederrhei­n. „Wenn sie gestört werden, verlassen sie den Horst“, sagt Glader – und damit vielleicht auch Nordrhein-Westfalen. Das möchte niemand riskieren. Das Elternpaar ist aber, so Glader, am gleichen Brutplatz wie 2017. Hoch oben in einer stattliche­n Pappel. Das Nest ist noch viel größer als im vergangene­n Jahr.

„Auch der Silberreih­er,

der Löffler und der Fischadler sind auf der Bislicher Insel heimisch“

Leiterin Naturforum Bislicher Insel

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RP-FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN In einer Pappel auf der Bislicher Insel hat das Seeadler-Paar seinen Horst gebaut.

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