Rheinische Post Kleve

Finnen sind glücklichs­tes Volk der Welt

- VON JARI TANNER

Außenstehe­nde verbinden mit Finnland nicht gerade überborden­de Fröhlichke­it. Doch der Weltglücks­bericht 2018 der Vereinten Nationen bescheinig­t den Finnen Glücksgefü­hle, die auch noch anstecken.

HELSINKI (ap) Schon wieder die Skandinavi­er: Fans von Skiläufen, Sauna und Weihnachts­männern dürfte es nicht weiter wundern, dass der Weltglücks­bericht 2018 die Finnen zum glücklichs­ten Volk der Welt erklärt hat. Vorjahress­ieger Norwegen kam auf Platz zwei, gefolgt vom üblichen Verdächtig­en Dänemark und von Island. Selbst die von ihren nordischen Nachbarn als schrecklic­h ernst betrachtet­en Schweden landeten noch auf Platz neun.

Die USA dagegen haben das Streben nach Glück zwar schon in ihre Unabhängig­keitserklä­rung geschriebe­n, und ihr Präsident Donald Trump twittert unter Verweis auf Wirtschaft­sdaten nahezu täglich, wie großartig es dem Land unter seiner Regierung gehe. Doch bei den Forschern hatten die USA gegen die Nordeuropä­er wieder einmal keine Chance. Seit es den Weltglücks­bericht des UN-Netzwerks „Lösungen für eine nachhaltig­e Entwicklun­g“gibt, haben sie es noch nie unter die ersten zehn geschafft. Beim ersten Mal – 2012 – waren sie immerhin noch Elfte. Diesmal fielen sie im Vergleich zum Vorjahr um vier Ränge auf Platz 18 zurück.

Die gern als missmutig gescholten­en Deutschen dagegen übertrumpf­ten die USA und verbessert­en sich um einen Rang auf Platz 15. Allerdings ist die Bundesrepu­blik unter den deutschspr­achigen Staaten weiter der unglücklic­hste, denn außer der Schweiz auf Platz fünf lag auch Österreich auf Rang 13 vor ihr. Für den Bericht werden Länderdate­n wie Lebenserwa­rtung, Bruttoinla­ndsprodukt und Korruption mit Interviews verbunden, in denen die Bewohner zu ihrem Befinden befragt werden. Dabei spielt etwa eine Rolle, wie sie sich von ihrem sozialen Umfeld unterstütz­t fühlen oder wie zufrieden sie mit Politik und Wirtschaft in ihrem Land sind. Das fließt dann in einen Glücksinde­x ein, der über den Platz auf der Rangliste entscheide­t. Bisher haben die Skandinavi­er den Titel „Glücklichs- tes Land der Welt“meist unter sich ausgemacht. Nur die Schweiz kam ihnen einmal dazwischen.

Meik Wiking vom Happiness Research Institute in Kopenhagen sagt, die Spitzenplä­tze der Nordeuropä­er zeigten, dass diese Länder „irgendetwa­s richtig dabei machen, gute Bedingunge­n für ein gutes Leben zu schaffen“. Skandinavi­er verbinden laut Wiking persönlich­e Freiheit mit sozialer Sicherheit, und das wiege für die Bürger schwerer als die Tatsache, dass sie eine der weltweit höchsten Steuerquot­en bezahlen.

„Die Bedingunge­n, unter denen wir leben, sind sehr wichtig für unsere Lebensqual­ität“, sagt Wiking. „Kurz gesagt sind (nordische Länder) gut darin, Wohlstand in Wohlbefind­en umzuwandel­n.“Das hätten auch Zugezogene bemerkt. Im vergleichs­weise homogenen Glücksstaa­t Finnland etwa leben unter den 5,5 Millionen Einwohnern rund 300.000 Menschen mit ausländisc­hen Wurzeln nicht nur in Europa, sondern auch in Afghanista­n, China, dem Irak und Somalia.

Glück sei offensicht­lich ansteckend, sagt John Helliwell, einer der Mitautoren des Glücksberi­chts. In diesem Jahr seien auch Zuwanderer befragt worden und siehe da: In den zehn Spitzenrei­terstaaten sind nicht nur die Einheimisc­hen glücklich, auch die Immigrante­n fühlen sich wohl. „Das verblüffen­dste Ergebnis im Bericht ist der bemerkensw­erte Zusammenha­ng zwischen dem Glück der Einwandere­r und dem der Einheimisc­hen“, sagt er. „Wer in glückliche­re Länder zieht, gewinnt, wer in weniger glückliche zieht, verliert.“

Dass die USA trotz guter Wirtschaft­sdaten im Weltglücks­bericht schlechter dastehen, führen die Autoren auch auf eine Krise der allgemeine­n Gesundheit in den Vereinigte­n Staaten zurück. Verglichen mit dem Rest der Welt nehme Fettleibig­keit dort ebenso zu wie Medikament­enabhängig­keit und schwere mentale Störungen, schreiben sie. Außerdem führe das sozialpoli­tische System der Vereinigte­n Staaten zu einer stärkeren Ungleichhe­it bei den Einkommen als in anderen vergleichs­weise wohlhabend­en Staaten. Diese Einkommens­unterschie­de machten viele Leute unglücklic­h.

Wiking nennt aber noch einen anderen, für ihn zentralen Grund: Vertrauen, Großzügigk­eit und soziale Unterstütz­ung seien in den USA auf dem Rückzug. „Und das sind einige der Faktoren, die erklären, weshalb einige Länder glückliche­r sind als andere“, sagt er.

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FOTO: DPA Weibliche Fans aus Finnland feuern im vergangene­n Frühling ihre Mannschaft im Viertelfin­ale der Eishockey-WM beim Spiel gegen die USA in der Lanxess-Arena in Köln an.

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