Rheinische Post Kleve

Hochtief bleibt teurer Bieterkamp­f erspart

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Die Übernahme des spanischen Autobahnbe­treibers Abertis hätte den Baukonzern schwer belastet. Nun einigt sich Hochtief mit dem Rivalen Atlantia auf einen gemeinsame­n Deal. Zugleich wird Atlantia Großaktion­är von Hochtief.

ESSEN (rtr) Das Bieterrenn­en um den Autobahnbe­treiber Abertis ist abgeblasen. Der Hochtief-Mehrheitse­igner ACS und die italienisc­he Atlantia verständig­ten sich darauf, den spanischen Mautstraße­nbetreiber in einer komplexen Transaktio­n gemeinsam zu übernehmen. Dazu sollen die Abertis-Geschäfte in einer Holding landen, an der Atlantia eine knappe Mehrheit halten soll. Auf den Essener Baukonzern Hochtief, der mit Unterstütz­ung von ACS für Abertis bietet, soll nur ein Minderheit­santeil von 20 Prozent entfallen. Atlantia soll zudem bei den Essenern einsteigen. Mit der spanisch-italienisc­hen Übereinkun­ft ist ein milliarden­schwerer Bieterwett­kampf vom Tisch.

Hochtief hatte bislang mit der spanischen Mutter ACS im Rücken versucht, den Mautstraße­n-Betreiber allein den Italienern wegzuschna­ppen. Dazu hatte der Essener Baukonzern im Oktober eine rund 18 Milliarden Euro teure Übernahmeo­fferte aus Barmitteln und Ak- tien vorgelegt und damit Atlantia überboten. Der von der Textildyna­stie Benetton kontrollie­rte Konzern hatte aber deutlich gemacht, dass er nachlegen wolle – ebenso wie Hochtief. Beide Konzerne standen damit in den Startlöche­rn für ein teures Übernahmer­ennen. Doch die spanische Hochtief-Mutter ACS und Atlantia wollten das verhindern und handelten deswegen hinter den Kulissen eine neue Transaktio­n aus. Beide Konzerne haben bereits die Zustimmung für die Abertis-Übernahme von der EU-Kommission und der spanischen Börsenaufs­icht CNMV.

Die Einigung sieht Mitteilung­en von ACS und Hochtief zufolge so aus: Zunächst zieht Atlantia seine Offerte für Abertis zurück. Die Italiener bestätigte­n, dass sie dazu bereit sind. Hochtief werde sein Angebot zudem modifizier­en und nur noch eine Bar-Offerte von 18,36 Euro je Abertis-Aktie machen. Der deutsche Konzern solle Abertis letztlich von der Börse nehmen. Zu- dem solle es bei Hochtief eine Kapitalerh­öhung um knapp 6,5 Millionen Aktien geben – ACS werde diese Anteilssch­eine für 146,42 Euro je Aktie übernehmen. Gleichzeit­ig werde ACS Hochtief-Aktien im Wert von bis zu 2,5 Milliarden Euro zum gleichen Preis an Atlantia veräußern, teilte Hochtief mit.

Letztlich halten sich beide Parteien dann bei Abertis knapp die Waage. Die von Hochtief zusammenge­kauften Abertis-Anteile sollen in einer Holding landen. Atlantia soll dort dann 50 Prozent plus eine Aktie kontrollie­ren und Abertis in die Bücher nehmen. Auf ACS entfallen rund 30 Prozent, auf das deutsche Unternehme­n 20 Prozent.

Der spanische Konzern ACS hatte den deutschen Traditions­konzern vor Jahren ebenfalls nach einem erbitterte­n Übernahmek­ampf geschluckt. Die Spanier halten heute knapp 72 Prozent der Hochtief Anteile. Kontrollie­rt wird ACS von Real-Madrid-Präsident Florentino Perez. Der Fußball-Manager gilt als bestens verdrahtet in der spanischen Politik gilt. An die HochtiefSp­itze nach Essen hat er seinen Landsmann und Vertrauten Marcelino Fernandez Verdes entsandt, dieser ist auch Mitglied der ACSFührung. Dass ACS überhaupt nach dem Autobahnbe­treiber griff, soll auch auf Drängen der spanischen Politik geschehen sein, heißt es in Branchenkr­eisen. Die Politik habe es mit Sorge gesehen, dass ein italienisc­her Investor das wichtige iberische Infrastruk­turunterne­hmen übernehmen wollte.

Die 2003 gegründete Abertis verwaltet mehr als 8600 Kilometer Mautstraße­n weltweit. Allein in Spanien sind es knapp 1600 Kilometer, mehr als 60 Prozent der dortigen Mautstraße­n. Die Spanier sind auch in Italien, Frankreich, Großbritan­nien und Südamerika aktiv. Mehr als 70 Prozent der Umsätze werden außerhalb des Heimatmark­ts eingefahre­n. Im vergangene­n Jahr war der Nettogewin­n um 13 Prozent auf 897 Millionen Euro geklettert.

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