Rheinische Post Kleve

Bei Rotwein kommen auch Anleger auf den Geschmack

- VON MISCHA EHRHARDT

FRANKFURT Wer in jüngster Zeit einen Château Margaux aus dem Bordeaux trank, den dürften andere Weinliebha­ber beneiden. Denn es handelt sich um einen der berühmtest­en Bordeaux-Weine von einem Weingut mit exzellente­m Ruf.

Aus finanziell­er Sicht gleicht der Genuss einer solchen Flasche einer Kapitalver­nichtung par excellence. Viele Jahrgänge dieses Weines sind einige tausend Euro wert. Gewöhnlich steigt der Wert, denn diese Weine haben mindestens drei seltene Eigenschaf­ten: einen außerorden­tlichen Geschmack, eine Produktion in vergleichs­weise kleinen Mengen. Und die Nachfrage ist stets hoch. Das macht die Flaschen zu einem sehr guten Investment.

„Es sind nur wenige Weingüter, von denen man so etwas sagen kann“, sagt der Weinhändle­r JanErik Paulson. Er vertreibt seit Jahrzehnte­n Spitzenwei­ne vor allem aus Bordeaux, dem Burgund und der Champagne. Als Anlageobje­kte kommen für ihn nur Weine aus einer Handvoll Weingüter aus dem Burgund in Frage, in Bordeaux sind es ein paar mehr. „Weine mit gutem Preis-Leistungsv­erhältnis dagegen eignen sich eigentlich nicht für ein Investment“, fügt er hinzu. Der Auf- wand lohnt kaum, wenn man so etwas nicht in größerem Maßstab betreibt. Die von Paulson und anderen Kennern empfohlene­n Spitzenwei­ne aus den berühmten Schlössern vorwiegend Frankreich­s kosten leicht drei- oder vierstelli­ge EuroBeträg­e. „Einen Einstiegsp­reis zu benennen, ist schwierig. Aber einen Mouton aus dem Hause Rothschild können Sie für rund 2000 Euro bekommen, ihn einige Jahre liegen lassen und dann wahrschein­lich mit Gewinn verkaufen“, sagt der Experte. Ein anderes rentables Anlageobje­kt ist der Romanée-Conti. Die gleichnami­ge Domaine gilt als eines der weltweit besten Weingüter.

Der Vorteil einer Geldanlage in Wein: Es handelt sich um ein physisches Handelsgut. Das kann in Zeiten von Nullzinsen eine lohnende Alternativ­e sein. Frei von Risiko sind solche Investitio­nen natürlich nicht. Vor ein paar Jahren beispielsw­eise hatte eine steigende Nachfrage reicher Chinesen die Weinpreise in Europa getrieben, vor allem im Luxussegme­nt. Als die Regierung in Peking dann ihren Kampf gegen Korruption verschärft­e, ging die Nachfrage abrupt zurück, die Preise brachen teils ein.

Hinzu kommt bei physischen Gütern das Problem der Lagerung. Dem Gold im Schließfac­h ist die Temperatur egal, den Weinen nicht. Es braucht mindestens einen trockenen Keller, und in dem sollte es nicht wärmer als 17 oder 18 Grad sein. Der Ölkeller nebenan beispielsw­eise kann die Lagerung unmöglich machen. Durch den Kork nimmt der Wein das störende Aroma im Zweifel auf; dann kann man den noch so edlen Tropfen getrost in den Ausguss schütten. Mittlerwei­le gibt es für derlei Widrigkeit­en Lösungen, auch für private Weinliebha­ber und Weinanlege­r – in Form erschwingl­icher Weinschrän­ke.

Neben den klassische­n teuren und lukrativen Weinen gibt es eine Alternativ­e für Liebhaber des Risi- kos. Wer „en primeur“kauft, sichert sich Flaschen eines jungen Jahrganges, noch ehe die auf dem Markt sind. Zwar lässt sich aus dem Wetter im zurücklieg­enden Sommer auf die Qualität bestimmter Jahrgänge schließen. Das gilt aber nur begrenzt für einzelne Weingüter, geschweige denn Weine. Wer Glück hat, wartet nur noch ab, bis das Spekulatio­nsobjekt in der Flasche Rendite abwirft. Wer Pech hat, bleibt auf seinen Flaschen sitzen.

Fazit: Wer in Wein investiert, sollte ihn zur Not auch gerne trinken wollen. Das lindert dann den Schmerz über mögliche Wertverlus­te.

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