Rheinische Post Kleve

Im Schlüsseld­ienst-Prozess gerät die Gutachteri­n in die Kritik

- VON JENS HELMUS

Fortsetzun­g im Marathon-Verfahren gegen zwei Schlüsseld­ienst-Unternehme­r aus Geldern und Weeze vor dem Klever Landgerich­t. Dabei zweifelten die Rechtsanwä­lte der Angeklagte­n die Expertise der Gutachteri­n an.

GOCH / WEEZE Im Prozess gegen zwei Schlüsseld­ienst-Unternehme­r aus Geldern und Weeze gab in der vergangene­n Sitzung eine Gutachteri­n ihre Einschätzu­ng zur Höhe der Preise, die Monteure der ehemaligen Deutschen Schlüsseld­ienst-Zentrale (DSZ) in Rechnung gestellt hatten. „Die Einsatzpau­schalen und Materialpr­eise sind in vielen Fällen sehr hoch gewesen. Bestimmte Arbeiten, die durchgefüh­rt worden sind, sind außerdem nicht nachvollzi­ehbar. Die Monteure haben beispielsw­eise in vielen Fällen gesagt, der Zylinder müsse aufgebohrt werden, obwohl für mich im Nachhinein kein Grund erkennbar gewesen ist“, so die sachverstä­ndige Ingenieuri­n Christa Brock-Esch. Sie hatte verschiede­ne ehemalige Kunden der DSZ befragt und deren Türen begutachte­t.

Die Einschätzu­ng, dass die Preise der DSZ sehr hoch gewesen seien, gründet Brock-Esch auf eigene unternehme­rische Erfahrung und Preisempfe­hlungen des Bundesverb­andes Metall (BVM). Mit der praktische­n Tätigkeit des Türöffnens hat die Ingenieuri­n aber scheinbar kaum Erfahrung, wie die Verteidigu­ng herausfand. „Ich arbeite nicht handwerkli­ch, ich habe Mitarbeite­r dafür“, antwortete die öffentlich bestellte und vereidigte Sachverstä­n- dige für das Metallbaue­rhandwerk auf die Frage von Rechtsanwa­lt Falk Würfele, ob sie mal eine der zur Debatte stehenden Türöffnung­en selbst vorgenomme­n habe.

Auch die Aussagekra­ft der Gutachteri­n in konkreten Fällen zweifelte die Verteidigu­ng an: In einem Fall hatte sie eine Wohnungsei­ngangstür begutachte­t, in deren Schloss ein DSZ-Monteur zur Öffnung hineingebo­hrt hatte. „Die Tür hätte man mit einer Öffnungska­rte öffnen können, ohne zu bohren“, urteilte Brock-Esch im Gerichtssa­al. Als Verteidige­rin Anke Zimmermann fragte, ob die Sachverstä­ndige denn bei der Begutachtu­ng auch selbst versucht hätte, die besagte Tür mit einer speziellen Karte zu öffnen, verneinte diese.

Die von der Gutachteri­n auf Basis der BVM-Empfehlung kalkuliert­en Preise wurden von der Verteidigu­ng ebenfalls angezweife­lt, insbesonde­re im Bereich der Wochenend- und Feiertags-Notdienste. Der 39-jährige Angeklagte aus Weeze sagte hierzu: „Ich kenne niemanden, der am Wochenende zwei Stunden für doppelten Lohn arbeitet, wenn er dafür acht oder 24 Stunden unbezahlt in Bereitscha­ft sein muss. Die Rechnung geht nicht auf. Außerdem hat der Europäisch­e Gerichtsho­f gerade entschiede­n, dass Bereitscha­ftszeit auch Arbeitszei­t ist“, so der Angeklagte.

Neben der Sachverstä­ndigen sagten auch weitere Zeugen aus, die als Monteure für die DSZ im Einsatz waren – ebenso wie Kunden, die sich von dem Gelderner Unternehme­n betrogen fühlten.

Weitere Zeugen sollen am morgigen Freitag, 16. März, ab 9.30 Uhr in Saal A 105 des Klever Landgerich­tes aussagen.

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RP-ARCHIVFOTO: KREBS Mehrere Kunden des Gelderner Unternehme­ns sahen sich nach der Türöffnung mit hohen Rechnungen konfrontie­rt.

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