Rheinische Post Kleve

Circus – eine echte Familiensa­che

- VON ANJA SETTNIK

Ab heute heißt es wieder „Manege frei“an der Gocher Thielenstr­aße. Der Circus Max Renz eröffnet die Saison auf dem Platz, den bald wieder die Wohnmobili­sten für sich beanspruch­en. Vorstellun­gen täglich bis Sonntag.

GOCH Vor einem Jahr hatte Yvonne beim RP-Besuch noch die WatussiRin­der dirigiert und geschickt fürs Foto aufgestell­t. Jetzt schaukelt sie den jüngsten Spross der Renz-Familie in ihrem Arm. Im Alter von fünf Wochen muss das kleine Mädchen noch nicht helfen, die große Schwester Anastasia hingegen schon. „Sie muss nicht, sie möchte“, versichert Oma Katharina Renz, die Frau des Direktors Max Renz. Anastasia ist vier Jahre alt und tritt alleine oder mit ihren Cousins und Cousinen schon in der Vorstellun­g auf. „Sie ist unsere Circusprin­zessin“, sagt die Oma stolz und zählt auf, was die Kleine schon alles kann: Hula-Hoop, Bodenakrob­atik, Clownerien. „Sie denkt sich gerne etwas aus und improvisie­rt prima.“Ein echtes Talent also, eines, das den Circus in eine gute Zukunft führen dürfte.

Am späten Nachmittag, zwei Tage vor der ersten Aufführung der neuen Saison, ist gerade mal Zeit für eine Verschnauf­pause. Alles ist aufgebaut, die Tiere sind versorgt, die Erwachsene­n haben in der Stadt Plakate geklebt und Ermäßigung­skarten in Briefkäste­n geworfen. Jetzt kann Katharina Renz eine Tasse Kaffee mit einem Stückchen Kuchen genießen. Wenn heute um 16 Uhr Max Renz die Gäste begrüßen wird, dann eröffnet er damit den „Familienta­g“- Erwachsene dürfen zum Kinderprei­s rein. Eigentlich ist bei Renz immer Familienta­g, denn das Unternehme­n existiert schon seit Generation­en. „Wir sind in den Circus hinein geboren, auch die Eltern, Großeltern und Urgroßelte­rn waren schon auf Reisen.“Wobei Familie Renz durchaus ein Zuhause hat: Das Winterquar­tier wird stets in Wesel aufgeschla­gen. Dort gibt es ein Wohnhaus, Stallungen für die Tiere, Auslauf. Im Frühjahr allerdings beginnt die NRW-Tournee – gerne in Goch.

Ob sich auch mal junge Leute aus der Circusfami­lie lösen, vielleicht etwas ganz anderes machen? „Das ist noch nie passiert“, sagt die Chefin. Wenn das jemand wollte, würde sie es nicht zu verhindern versuchen. „Aber es ist eher das Gegenteil der Fall. Im Winter überlegen die jungen Leute, was sie Neues machen können und wie sie das Unternehme­n in die Zukunft führen wollen.“Elf Kinder gehören derzeit dazu, die meisten sind schulpflic­htig. „Zu uns kommen mindestens dreimal in der Woche die Schulwagen. Die Lehrer unterricht­en die Kinder altersents­prechend, nach einer festen Stundenzah­l und in allen verlangten Fächern. Der Unterschie­d zu einer ,normalen‘ Schule ist, dass sich die Lehrer nach unseren Bedürfniss­en richten, also nicht gerade kommen, wenn wir aufbauen oder eine Vorstellun­g haben.“Alle Schulabsch­lüsse können erreicht werden, aber der Nachwuchs bleibe dem Circus eigentlich immer treu. „Es heiraten praktisch alle wieder in Circusfami­lien hinein“, er- zählt Katharina Renz. Wobei Schwiegert­ochter Yvonne sogar von „draußen“zum Circus kam. Als junges Mädchen verliebte sie sich in einen der Renz-Söhne und blieb. Wie die anderen Familienmi­tglieder auch, kann sie praktisch alles. Fast jeder wirkt in der Manege mit, einige agieren vorwiegend hinter der Bühne. Von der Ziegendres­sur über die Drahtseiln­ummer und die Akrobatik bis zur Show mit Rindern und Kamelen ist fast das ganze Spektrum abgedeckt. Katharina Renz weiß nur zu gut, dass einige Zeitgenoss­en nichts von Tieren im Programm halten. „Aber für Kinder ist ein Circus ohne Tiere kein Circus“, sagt sie. Ihre Ponys, Pferde, Esel, Alpakas, Kamele und die beeindruck­enden Langhornri­nder müssen aber keine artfremden Kunststück­e machen. Außerhalb ihrer „Arbeitszei­t“leben sie in geräumigen ZeltBoxen und bekommen regelmäßig Auslauf. „Ich ärgere mich, wenn Tierrechtl­er uns anfeinden, ohne sich auszukenne­n“, sagt die Chefin. Natürlich werde der Circus regelmäßig von Veterinäre­n kontrollie­rt.

Von Donnerstag bis Samstag sind die Vorstellun­gen um 16 Uhr, am Sonntag zeigt sich die Familie Renz mit ihren Tieren schon ab 14 Uhr.

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RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS Buntes Zirkustrei­ben – und die ganze Familie packt mit an. Der Circus Renz ist ab heute in der Stadt.
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FOTO: SETTNIK Kurze Nasen, dickes weiches Fell: die Alpakas in ihrem Reise-Stall.

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