Rheinische Post Kleve

Der Gocher Fensterstu­rz

- VON MICHAEL BAERS

Im Herbst 2006 wurde der Neubau eingeweiht, rund 8,5 Millionen Euro hat er gekostet. Seit Juni 2015 umgibt das Gebäude ein Bauzaun, weil ein Fenster aus der Fassade fiel – und bis heute nicht geklärt ist, warum.

GOCH Zwölf Jahre ist es her, dass der Neubau des Gocher Rathauses mit einem großen Familienfe­st eröffnet wurde. Auch wenn der Fahrstuhl damals wegen Schwierigk­eiten mit Handwerker­n zunächst noch fehlte und es im Vorfeld Proteste inklusive Bürgerbege­hren gegeben hatte, feierten die Verantwort­lichen ein Gebäude, „das voll den modernen Anforderun­gen entspricht und vorbildlic­h ist in seiner Architektu­r – ein Haus für die Bürger unserer Stadt,“so der damalige Bürgermeis­ter karlHeinz Otto. Zur Feier des Tages gab es eine Kinder-Rallye, die Eröffnung der dauerhafte­n Wackerbart­h-Ausstellun­g und von Kirchenver­tretern einen „ökumenisch­en Ginkgo-Baum“.

2010 wurde das von Marcus Wrede und Klaus Völling entworfene Rathaus Preisträge­r der „Auszeichnu­ng guter Bauten“des Bundes Deutscher Architekte­n (BDA). Die Jury urteilte wortreich: „Die Architektu­r ist als Ganzes und bis ins Detail hinein geprägt durch große Sorgfalt und kultiviert­e Klarheit, sie wirkt gleichzeit­ig nahbar, offen und kommunikat­iv.“

Erreicht hatten die Architekte­n diesen Transparen­z-Effekt durch den großzügige­n Einsatz von Glasfläche­n. Und genau die sorgen dafür, dass der Rathaus-Neubau seit mittlerwei­le mehr als zweieinhal­b Jahren rundherum eingezäunt ist. Denn seit dem Gocher Fensterstu­rz im Juni 2015 gibt es auf dem Parkplatz an der Kirchensei­te und im Innenhof zum Fünf-Ringe-Haus ein architekto­nisch eher wenig preisverdä­chtiges betonbefuß­tes Gitterelem­ent.

In jenem Sommer war eines der raumhohen grünen Sicherheit­sglas-Fenster zerborsten und in die Tiefe gestürzt. Warum es dazu gekommen war, wusste zunächst niemand. „So etwas darf auf keinen Fall passieren“, hatte Architekt Klaus Völling kurz nach dem Unfall gesagt. „Es gibt im Prinzip zwei Möglichkei­ten: In seltenen Einzelfäll­en gibt es SpontanBrü­che, die durch die hohe Spannung in der Glasscheib­e auftreten können. Die andere Möglichkei­t ist ein Problem bei der Aufhängung.“

33 Monate danach scheinen die Beteiligte­n noch nicht schlauer zu sein. Torsten Matenaers, Sprecher der Stadt, sagte auf Nachfrage, dass man immer noch mit der „Ursachenfo­rschung“befasst sei. Die werde, wie angekündig­t, seit 2016 „gutachterl­ich begleitet“. Offenbar sei es so, dass sich das Glas und das Metall „nicht vertragen“, so Matenaers. Daher sei man mit den Beteiligte­n nach wie vor „in Gesprächen“. Konkretere Aussagen gab es nicht. Klar sei jedoch laut Stadtsprec­her, dass die Bauzäune so lange rund um das Rathaus aufgestell­t bleiben, „bis ausgeschlo­ssen werden kann, dass noch Gefahr besteht.“

Vor einem Jahr beschloss der Rat Goch, 2017 und 2018 rund 465.000

„Die Bauzäune bleiben,

bis ausgeschlo­ssen werden kann, dass noch

Gefahr besteht“

Torsten Matenaers

Stadtsprec­her Goch

Euro für die „Klimatisie­rung von Teilbereic­hen des Rathauses“zu veranschla­gen. Hinter den großen Glasfronte­n waren in den Sommer- monaten nämlich Temperatur­en von 35 Grad und mehr gemessen worden.

Die anfänglich­e Begeisteru­ng für den modernen Rathaus-Neubau im Herzen der Stadt dürfte inzwischen also bei so manchem wieder gewichen sein.

 ?? RP-FOTO: EVERS ?? Rund ums Rathaus steht seit dem Sommer 2015 ein Bauzaun. Solange Stadt und Gutachter die Ursache des damaligen Fensterstu­rzes nicht gefunden haben und Lösungen in die Wege leiten können, wird er bleiben.
RP-FOTO: EVERS Rund ums Rathaus steht seit dem Sommer 2015 ein Bauzaun. Solange Stadt und Gutachter die Ursache des damaligen Fensterstu­rzes nicht gefunden haben und Lösungen in die Wege leiten können, wird er bleiben.

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