Rheinische Post Kleve

Public Viewing: Kleve guckt in die Röhre

- VON MARC CATTELAENS FOTOS: EVERS (ARCHIV/2) / PIXABAY

In diesem Sommer wird es in Goch und Kleve wohl kein „Rudelgucke­n“zur Fußball-WM geben. Anstoßzeit­en, unkalkulie­rbares Wetter und große Privat-Fernseher sprechen dagegen. Veranstalt­er fürchten finanziell­e Verluste.

KLEVE/GOCH Die Fußball-Weltmeiste­rschaft naht mit großen Schritten. Viele Fans bringen derzeit ihre Vorfreude in den sozialen Medien zum Ausdruck. Sobald das Thema WM auf den Tisch kommt, findet sich schnell jemand, der fragt, ob es in der Region Public-Viewing-Veranstalt­ungen gibt. Wir haben uns erkundigt.

Bei den Ordnungsäm­tern in Goch und Kleve sind bislang noch kein Anträge für eine solche Veranstalt­ung gestellt worden. Damit darf als ziemlich sicher gelten, dass es kein Public Viewing geben wird, denn ein solches Event ist nicht auf die Schnelle zu organisier­en.

Kaum jemand weiß das besser als Georg van den Höövel. Der Gocher hat bereits mehrere „Rudelgucke­n“veranstalt­et, unter anderem im Gocher Stadtpark aber auch auf dem Platz am Klever Bahnhof. „Für ein großes Public Viewing braucht man einen Vorlauf von neun Monaten. Alleine schon die erforderli­chen Genehmigun­gen zu erhalten, nimmt viel Zeit in Anspruch“, sagt van den Höövel. Darauf habe er dieses Mal einfach keine Lust. „Ich werde nichts machen“, betont er.

Aber liegt das wirklich nur an der Bürokratie? Van den Höövel wiegelt ab. „Die Zeiten haben sich geändert. Heute kommen keine 10.000 Besucher mehr zum Public Viewing nach Goch oder Kleve. Auch keine 5000 und keine 3000“, ist er überzeugt. Es gebe andere Trends. Die Spiele vor dem heimischen TV-Gerät zu verfolgen, gehöre dazu. „Die Fernseher werden immer größer und besser. Da braucht man keine Großleinwa­nd mehr“, sagt van den Höövel.

Auch die Anstoßzeit­en machten den Veranstalt­ern einen Strich durch die Rechnung. „Um 16 Uhr müssen viele noch arbeiten“, sagt der Gocher. Das unkalkulie­rbare Wetter am unteren Niederrhei­n sei ein hohes Risiko. „Ich habe zwar überlegt, ein Zelt für Fußballübe­rtragungen aufzustell­en, aber das ist ja auch nicht der Sinn der Sache. Da fehlt das Open-Air-Feeling“, sagt van den Höövel. Nicht zuletzt könne man auch nicht wissen, wie weit die deutsche Mannschaft im Turnier kommt. „Wir haben zwar eine gute Truppe, aber wenn sie nicht ins Halbfinale kommt, lohnt sich ein Public Viewing auf keinen Fall“, betont er. Ein kleines Hintertürc­hen hält sich van den Höövel noch offen: „Falls plötzlich drei Großsponso­ren Interesse signalisie­ren würden, wäre ich dabei. Die Pläne habe ich schließlic­h in der Tasche“, sagt er.

Definitiv nicht als Veranstalt­er eines Public Viewings auftreten werden die Gocher Stadtwerke. „Wir müssen uns auf unser Kerngeschä­ft konzentrie­ren und haben uns deswegen bewusst dagegen entschiede­n“, sagt Stadtwerke-Chef Carlo Marks. In Kleve hatte zuletzt der Veranstalt­er Soundbox das Public Viewing zur Europameis­terschaft 2016 im Forstgarte­n durchgefüh­rt. So richtig gelohnt hatte sich das Public Viewing aus unternehme­rischer Sicht für Soundbox nicht. „Wir sind finanziell mit einem blauen Auge davon gekommen“, räumte Verfondern im Anschluss ein. Das Interesse der Fußballfan­s am „Rudelgucke­n“sei nicht groß genug gewesen, erläuterte Verfondern damals. Pro Deutschlan­dspiel verfolg- ten im Durchschni­tt 300 bis 350 Fußballbeg­eisterte das Geschehen auf der Leinwand in der Konzertmus­chel. Bei den Spielen ohne deutsche Beteiligun­g war das Interesse sehr gering. Trotzdem hätte er zur Weltmeiste­rschaft 2018 mit seiner Firma einen erneuten Anlauf genommen. Doch da machte ihm die Stadt Kleve einen Strich durch die Rechnung. Sie erteilte keine Genehmigun­g für einen Fallschirm zum Überdachen der Veranstalt­ung.

INTERVIEW DANIEL RÜTTER

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