Rheinische Post Kleve

Opulente Bilder der Modewelt

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In „Der seidene Faden“spielt Daniel Day-Lewis einen Modedesign­er in den 1950er Jahren. Er ist reizbar. Vor allem am Morgen. Dann liegen seine Sinne so bloß, dass zu laut eingeschen­kter Tee oder ein herzhafter Biss in krosses Brot ihm den Tag ruinieren können. Reynolds Woodcock kann dann nicht mehr zeichnen, keine Roben mehr entwerfen für die feine britische Gesellscha­ft, die in den 1950er Jahren Kleider aus dem Hause Woodcock trägt. Und so hat der Chef der Modemanufa­ktur einen Kokon aus Ritualen, Hausregeln, Snobismen um sich gesponnen, der ihn vor den Zumutungen des Alltags schützt – und seinen Nimbus als Künstler sichert. Seine Schwester Cyril spinnt mit an diesem Kokon. Sie wacht über die Einhaltung der Regeln, schafft Reynolds beizeiten die Geliebten vom Hals, ist die eiserne Lady an seiner Seite. Bis Alma ins Haus kommt. Eine junge Frau aus einfachen Verhältnis­sen – ein schlichtes Gemüt ist sie nicht. Natürlich macht Daniel Day-Lewis aus der Figur des egozentris­chen Modeschöpf­ers nicht einfach einen verschrobe­nen Tyrannen. Sein Reynolds ist zynisch, bitter, arrogant, aber in seltenen Momenten öffnet er sich, ist plötzlich freundlich, charmant, zugewandt. Es ist ein langsam erzählter Film, der ganz auf eine Kraftquell­e setzt: die Spannung zwischen den beiden Hauptdarst­ellern – und der Dritten im Bunde, Lesley Manville als Reynolds stolz verhärmter Schwester. Während die Kamera immer wieder in opulenten Bildern zeigt, wie im Hause Woodcock Stoffe ausgebreit­et, geschnitte­n, von Hand genäht werden, wie im kleinen Rahmen Modelle vorgeführt und Einzelanfe­rtigungen probiert werden, geht es eigentlich um den stillen Machtkampf hinter den Kulissen. Um einen Narzissten – einen verwöhnten Jungen, der, älter geworden, von sich selbst erlöst werden will. Und um eine junge Frau, die sich seinen Launen hingibt, um anerkannt zu werden. Und irgendwann andere Wege findet, diesem Mann Herr zu werden. Ein Film über Sadismus und Perfektion. (RP) Ein großes Finale für Day-Lewis, im Film am Mittwoch, 21. März, Kino 5, 20 Uhr.

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