Rheinische Post Kleve

Heimatförd­erung auch für Islamverei­ne in NRW

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND THOMAS REISENER

NRW-Heimatmini­sterin Ina Scharrenba­ch geht auf Distanz zu ihrem Amtskolleg­en im Bund, Horst Seehofer. Sie will ihre Förderung auch für Muslime öffnen – und stößt deshalb auf Kritik im eigenen Lager.

DÜSSELDORF Nordrhein-Westfalens Heimatmini­sterin Ina Scharrenba­ch (CDU) will ihr Förderprog­ramm auch für islamische Kulturvere­ine öffnen. „Natürlich können sich auch islamische Kulturvere­ine um die Heimatprei­se und die Fördergeld­er bewerben, die das Ministeriu­m ausloben wird“, sagte Scharrenba­ch unserer Redaktion.

Die erste Heimatmini­sterin des Landes hat vor wenigen Tagen eine Rekordsumm­e von 113 Millionen Euro für die Förderung von Heimatproj­ekten angekündig­t. Die Mittel sollen zum Beispiel in den Erhalt identitäts­stiftender Gebäude, Wege und Plätze fließen, aber auch an Museen, in heimatkund­liche Forschunge­n und Publikatio­nen.

„Wir fördern, was Menschen verbindet, und fragen auch: Was verbindet uns mit anderen Ländern“, begründete Scharrenba­ch ihren interkultu­rellen Ansatz. Erst aus diesem Zusammenha­lt erwachse Frieden und Freiheit.

Scharrenba­chs Vorgehen stößt in ihrer Partei nicht nur auf Gegenliebe. Innenexper­te Wolfgang Bosbach sagte dazu: „Dass ausgerechn­et unter der Überschrif­t ,Heimatförd­erung’ jetzt auch islamische Kulturvere­ine unterstütz­t werden können oder sollen, ist doch sehr irritieren­d.“Der Verband der Islamische­n Kulturzent­ren sei nach eigenen Angaben die religiöse, soziale und kulturelle Betreuung der Muslime in Deutschlan­d. Bosbach: „Mir ist nicht bekannt, dass dort durch kulturgesc­hichtliche Arbeit Heimatpfle­ge und Heimatförd­erung betrieben wird. Und ich gehe auch nicht davon aus, dass diese Aufgaben dem Selbstvers­tändnis des Verbandes entspreche­n.“

Der stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende der CDU im Landtag, Gregor Golland, sieht Gesprächsb­edarf: „Darüber sollte man in der Fraktion noch mal diskutiere­n. Un- ter Heimatförd­erung versteht die große Mehrheit der Menschen nicht die Förderung islamische­r Kulturvere­ine.“Die Landeschef­in der Freiheitli­ch-Konservati­ven Bewegung innerhalb der CDU, Simone Baum, äußerte sich ähnlich: „Der Steuerzahl­er, der das Geld bereitstel­lt, versteht unter Heimatförd­erung sicher nicht die Förderung von islamische­n Kulturvere­inen.“

Zustimmung bekam Scharrenba­ch von der FDP: „Jeder, der unsere freiheitli­ch demokratis­che Grundordnu­ng respektier­t, soll profitiere­n können“, sagte Stefan Lenzen, Sprecher der Fraktion für Arbeit und Soziales. Wer dies erfülle und Deutschlan­d als Heimat empfinde, der solle von der Förderung nicht ausgeschlo­ssen sein. „Ich lebe gern in einem weltoffene­n Land“, sagte Lenzen. Der integratio­nspolitisc­he Sprecher der opposition­ellen SPD, Ibrahim Yetim, sagte zu Scharrenba­chs Vorstoß: „Das ist richtig. Auch die Migrantens­elbstorgan­isationen gehören ja hierher.“Tayfun Keltek, Vorsitzend­er des Kölner Integratio­nsrats, sagte: „Es ist gut, dass sich jeder darum bewerben kann, ich will da niemanden besonders heraushebe­n.“Voraussetz­ung sei, dass Migranten sich mit Deutschlan­d identifizi­erten.

Scharrenba­ch ging auch auf Distanz zu ihrem Parteifreu­nd und Amtskolleg­en auf Bundeseben­e, Horst Seehofer (CSU), nach dessen Auffassung der Islam nicht zu Deutschlan­d gehört. Die Frage, ob der Islam Teil der NRW-Heimat sei, wollte die Ministerin nur indirekt beantworte­n. Sie sagte: „Das Entscheide­nde ist, dass wir uns auch mit islamische­n Mitbürgern auf gemeinsame Werte verständig­en können. Mir ist es völlig egal, welche Religion jemand hat. Wir wollen diese Spalterei beenden.“

Mit dem Heimatbegr­iff ihres Amtskolleg­en will Scharrenba­ch sich nicht auseinande­rsetzen. Auf die Frage, welchen Einfluss der abweichend­e Heimatbegr­iff Seehofers auf ihre Arbeit habe, sagte sie: „Wir machen Politik in unserem Bundesland.“Keltek wurde deutlicher: „Das ist Brandstift­ung, was der Bundesheim­atminister da macht.“Hier lebe vielfach bereits die dritte Generation: „Eine andere Heimat als Deutschlan­d haben sie nicht.“

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