Rheinische Post Kleve

Muslime als Heimatbots­chafter?

- VON MICHAEL BRÖCKER VON EVA QUADBECK MINISTER OFFEN FÜR GRUNDEINKO­MMEN, SEITE A 4 VON STEFAN KLÜTTERMAN­N POLITIK DISKUTIERT BOYKOTT DER WM, SEITE D 1

Man wundert sich schon ein wenig, wie lange über Horst Seehofers sprachwiss­enschaftli­chen Exkurs unter dem Motto „Der Islam gehört nicht zu Deutschlan­d“diskutiert wird. Inhaltlich ist dazu eigentlich alles geschriebe­n. Zum Beispiel im Grundgeset­z. Wie die hier lebenden Muslime gehört auch ihre Religion zu diesem Land. Religionsf­reiheit gilt auch für Muslime. Viel wichtiger ist, dass konkrete politische Lösungen für die Defizite bei der Integratio­n gefunden werden. Der Innenminis­ter sollte klären, wie Familien identifizi­ert werden, in denen Väter und Brüder ihre Töchter und Schwestern nach Scharia-Regeln „erziehen“wollen. Wie können Schulen auf Bedrohunge­n durch junge Muslime reagieren, die jüdische Kinder als „Ungläubige“verfolgen, wie in Berlin geschehen? Wie lässt sich die Finanzieru­ng von Moscheen durch ausländisc­he Staaten stoppen? Wie werden wir Imame los, die Fanatismus predigen, oder kriminelle Clans, die unsere Sozialsyst­eme ausnutzen? All das muss auf den Tisch.

Aber warum sollen nicht gleichzeit­ig auch Muslime, die den Rechtsstaa­t ehren und sich in Köln, Krefeld oder Kleve längst zu Hause fühlen, Heimatbots­chafter werden wie Heino und Hannelore? BERICHT HEIMATFÖRD­ERUNG AUCH FÜR ISLAMVEREI­NE, TITELSEITE

Die von der SPD losgetrete­ne Debatte um ein solidarisc­hes Grundeinko­mmen weckt Hoffnungen, die nicht erfüllt werden können. Mit dem Stichwort Grundeinko­mmen ist die Erwartung verbunden, Hartz IV könne bald der Vergangenh­eit angehören. Das wird aber nicht funktionie­ren.

Das solidarisc­he Grundeinko­mmen, das 1500 Euro monatlich für gemeinnütz­ige Arbeit betragen soll, kann nur bekommen, wer tatsächlic­h arbeitsfäh­ig ist. Doch eben diese Personen sollte man in offene Stellen vermitteln. Wer zuverlässi­g als Hausmeiste­r, als Übungsleit­er oder als Betreuer für alte Menschen arbeiten kann, der schafft auch den Sprung in den ersten Arbeitsmar­kt. Es wäre kontraprod­uktiv, wenn Leute mit Grundeinko­mmen Handwerker­n und anderen Dienstleis­tern Konkurrenz machen.

Für jene, die nicht vermittelb­ar sind, sieht der Koalitions­vertrag ein ambitionie­rtes Programm vor, das für die besonders schwierige­n Fälle Brücken in die Arbeitswel­t baut. Wer aber dieses Programm unter dem Stichwort „Solidarisc­hes Grundeinko­mmen“diskutiert, führt eine Schaufenst­erdebatte. BERICHT

VSchaufens­terdebatte

Putin allein im Stadion

on Zeit zu Zeit gelangen Politiker zu der Überzeugun­g, ein Zeichen setzen zu müssen. Eine ausgesetzt­e Diätenerhö­hung in wirtschaft­lich schwierige­n Zeiten etwa. Die Teilnahme an einer Mahnwache bei Minusgrade­n oder Dienst bei der Suppenausg­abe einer Obdachlose­nunterkunf­t. Nun also diskutiert die Politik, ob ihre prominente­sten Vertreter die Fußball-WM im Juni boykottier­en sollten. Das wäre wirklich ein Zeichen. Dafür, dass Russland mit der mutmaßlich­en Vergiftung des Doppelagen­ten Sergej Skripal und dessen Tochter das über Jahre gefüllte Fass an Provokatio­nen, Völkerrech­tsverletzu­ngen und politische­r Manipulati­on endgültig zum Überlaufen gebracht hat.

Der Fernsehzus­chauer hat sich so daran gewöhnt, dass Politiker den Sport zur Eigenwerbu­ng nutzen, dass es Fotos von Angela Merkel aus der Kabine der Nationalel­f gibt – es dürfte ihm auffallen, wenn der Westen Wladimir Putin allein auf der Tribüne sitzenläss­t. Und so würde ein leerer Platz im Stadion als größeres persönlich­es Opfer wahrgenomm­en als Frieren bei der Mahnwache. Traurig, aber wahr. BERICHT

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