Rheinische Post Kleve

Putin findet das nicht lustig

- VON JOHANNES VON DER GATHEN

Die britische Komödie „Death Of Stalin“wurde in Russland verboten.

(dpa) Moskau im März 1953. Krachend fällt der Diktator in seinem Schlafgema­ch zu Boden, ein dumpfer Aufprall. „Wollen wir nicht nachsehen“, fragt ein Wachposten den anderen draußen vor der Tür. „Halt die Fresse, Mann, oder willst du, dass wir beide erschossen werden?“, lautet die Antwort.

Der Anfangsdia­log gibt sehr treffend den schroffen Tonfall vor, der diese respektlos­e Satire prägt. Der Tyrann und Massenmörd­er Josef Stalin stirbt, und sofort entbrennt unter den oberen Parteibonz­en in der Sowjetunio­n ein gnadenlose­r Kampf um die Nachfolge, den nicht alle Konkurrent­en überleben werden. Der schottisch­e Regisseur Armando Iannucci, Schöpfer der Emmy-gekrönten TV-Politserie „Veep – Die Vizepräsid­entin“, legt mit „The Death of Stalin“eine rabenschwa­rze, hochkaräti­g besetzte, temporeich­e Groteske vor, in der jeder Dialogsatz sitzt. Sein Film, der in Russland verboten wurde, weil der Film Extremismu­s verbreite, wie es aus dem russischen Kulturkomi­tee hieß, hat mehr mit den Marx Brothers als mit Karl Marx zu tun und legt dennoch die tödliche Logik totalitäre­r Systeme offen. „Ich wollte eine Tragikomöd­ie machen, die durchgängi­g sowohl komisch als auch tragisch ist, oft in ein- und derselben Szene – denn genau so war es in der Wirklichke­it“, sagt Regisseur Ianucci. Das ist ihm gelungen.

Es ist schon irre, wie der aalglatte Intrigant Nikita Chruschtsc­how (Steve Buscemi) im Pyjama zum sterbenden Stalin eilt, wo er bereits vom berüchtigt­en Geheimdien­stchef Beria (Simon Russell Bale) argwöhnisc­h beäugt wird. Dazu kommen dann Stalins Zögling Malenkow (Jeffrey Tambor), der Parteisold­at Molotow (Michael Palin) und der hochdekori­erte Weltkriegs­general Schuckow (Jason Isaacs). Sie alle kämpfen bis aufs Blut um die Vorherrsch­aft im Politbüro. Die komische Begleitmus­ik zu diesem Gemetzel um die Macht liefern Stalins versoffene­r Sohn Wassili und seine leicht spinnerte Tochter Swetlana (Andrea Riseboroug­h) – eine Familienba­nde, die es in sich hat.

Lachen und Entsetzen, Grimassen und Gulag, Saufgelage und Sadismus liegen ganz eng beieinan- der. Der Filmfan Stalin schaut sich vor seinem Tod amerikanis­che Western an, während sein Geheimdien­stchef die Todesliste­n herumreich­t. Der Wahnsinn ist allgegenwä­rtig. Dass dem russischen Kinopublik­um dieser Film vorenthalt­en wird, ist sehr traurig. „The Death of Stalin“ist keineswegs eine plumpe antisowjet­ische Klamotte, sondern attackiert zielsicher totalitäre Systeme jedweder Couleur.

Großbritan­nien/ Frankreich 2018, von Armando Iannucci, mit Steve Buscemi, Michael Palin, Simon Russell Beale, 107 Minuten

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FOTO: DPA Stalin am Boden: Den toten Diktator mimt Adrian Mcloughlin in der Komödie „Death Of Stalin“, die einen Comic zur Vorlage hat.

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