Rheinische Post Kleve

Familienna­chzug als Profilbild­ung der CSU

- VON GREGOR MAYNTZ VON BIRGIT MARSCHALL VON LOTHAR SCHRÖDER KARDINÄLE STREITEN UM KOMMUNION . . ., SEITE A 5

Wenn sich die Regierung nächste Woche zur ersten Klausur trifft, hat Innenminis­ter Horst Seehofer seine Hausaufgab­en in Sachen Familienna­chzug bereits gemacht. Aber auf eine Weise, die die Partnersch­aft gleich auf die Probe stellt. Mühsam war der Kompromiss der Parteien – und dem hat der CSU-Chef nun vieles hinzugefüg­t, also Streit programmie­rt.

Der Gesetzgebe­r verfügt zu Recht über einen weiten Gestaltung­sspielraum bei Regelungen zum Grundrecht auf Familie für diejenigen, die keine sichere Bleibepers­pektive haben. Kein Problem hat Seehofer mit allen, die sich auf Dauer zu integriere­n versuchen – auch in einen auskömmlic­hen Beruf. Das ist nachvollzi­ehbar. Und warum kann von denen mit unsicherer Bleibepers­pektive nicht verlangt werden, was für die mit sicherer Perspektiv­e gelten soll, wenn es um den Unterhalt von Angehörige­n geht?

Die SPD pocht nun darauf, dass Familienzu­sammenlebe­n bei Flüchtling­en nicht vom Geldbeutel abhängen soll. Sie tut damit Seehofer einen Gefallen. Denn ihm geht es im neuen Amt erkennbar darum, für seine Partei das Profil auch auf dem Feld der Migration zu schärfen. Das ist ihm gleich mit der ersten gesetzlich­en Mission gelungen. BERICHT FAMILIENNA­CHZUG WIRD ENG GEFASST, TITELSEITE

Jeder Behandlung­sfehler durch Ärzte ist einer zu viel. Falsche Hüftprothe­sen, unnötige Knieoperat­ionen oder zu spät erkannte Darmverlet­zungen – für Patienten kann das schlimme Folgen haben, bis hin zum Tod. Offiziell liegt die Fehlerzahl nur im Promillebe­reich, die Dunkelziff­er aber ist viel höher. Behandlung­sfehler lassen sich nur schwer nachweisen, viele Betroffene melden sich deshalb nicht. Bei ihnen liegt im Streitfall die Beweislast.

Wichtigste­r Grund für Behandlung­sfehler: die mangelnde Zeit in Praxen und Kliniken. Ärzte stehen überall unter zunehmende­m Zeitdruck – aus Personalma­ngel, wegen zu rigiden Kostenmana­gements oder übersteige­rten Gewinninte­resses. Gewinnmaxi­mierung kann fatale Folgen haben. Für die richtige Behandlung ist sie keine gute Voraussetz­ung. Patienten und Ärzte brauchen vielmehr Ruhe und Zeit dafür. Umso dringliche­r ist, die Zahl der Ärzte dort zu steigern, wo Patienten die vollsten Wartezimme­r vorfinden – in den ländlichen Räumen, aber auch in den dichter besiedelte­n, aber struktursc­hwächeren Regionen. Patienten dürfen nicht zu Waren werden. BERICHT 62 TOTE DURCH ÄRZTLICHE FEHLER, TITELSEITE

EArztfehle­r minimieren

Fern der Wirklichke­it

ine gute Debattenku­ltur sieht anders aus. Ganz anders vor allem als jener Brief, den sieben deutsche Bischöfe – unter ihnen Kardinal Woelki – nach Rom schickten, um eine mehrheitli­ch getroffene Entscheidu­ng der Bischofsko­nferenz doch noch zu kippen. Man muss theologisc­h nicht einer Meinung sein. Doch dieses Vorgehen schwächt die katholisch­e Kirche in Deutschlan­d und den Wunsch vieler Menschen nach Ökumene – gerade hierzuland­e. Vom gemeinsame­n Abendmahl sind wir noch immer weit entfernt. Offiziell jedenfalls. Vor Ort aber, in den Gemeinden, wird eine viel größere Gemeinscha­ft gelebt als erlaubt. Dabei geht es im aktuellen Streit „bloß“um die gemeinsame Kommunion von konfession­sverschied­enen Ehepaaren. Wer die Zahl der Gottesdien­stbesucher im Blick hat, ahnt, wie wenige Menschen dieser Streit tatsächlic­h betrifft. Und selbst dafür wird Rom angerufen. Wird Theologie bemüht. Das Kirchenrec­ht zitiert. Die gefühlte Gemeinscha­ft der Bischöfe aufs Spiel gesetzt. Der Disput ist mehr als enttäusche­nd. Er spiegelt nur noch eine erschrecke­nde Ferne zur Wirklichke­it. BERICHT

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