Familiennachzug als Profilbildung der CSU
Wenn sich die Regierung nächste Woche zur ersten Klausur trifft, hat Innenminister Horst Seehofer seine Hausaufgaben in Sachen Familiennachzug bereits gemacht. Aber auf eine Weise, die die Partnerschaft gleich auf die Probe stellt. Mühsam war der Kompromiss der Parteien – und dem hat der CSU-Chef nun vieles hinzugefügt, also Streit programmiert.
Der Gesetzgeber verfügt zu Recht über einen weiten Gestaltungsspielraum bei Regelungen zum Grundrecht auf Familie für diejenigen, die keine sichere Bleibeperspektive haben. Kein Problem hat Seehofer mit allen, die sich auf Dauer zu integrieren versuchen – auch in einen auskömmlichen Beruf. Das ist nachvollziehbar. Und warum kann von denen mit unsicherer Bleibeperspektive nicht verlangt werden, was für die mit sicherer Perspektive gelten soll, wenn es um den Unterhalt von Angehörigen geht?
Die SPD pocht nun darauf, dass Familienzusammenleben bei Flüchtlingen nicht vom Geldbeutel abhängen soll. Sie tut damit Seehofer einen Gefallen. Denn ihm geht es im neuen Amt erkennbar darum, für seine Partei das Profil auch auf dem Feld der Migration zu schärfen. Das ist ihm gleich mit der ersten gesetzlichen Mission gelungen. BERICHT FAMILIENNACHZUG WIRD ENG GEFASST, TITELSEITE
Jeder Behandlungsfehler durch Ärzte ist einer zu viel. Falsche Hüftprothesen, unnötige Knieoperationen oder zu spät erkannte Darmverletzungen – für Patienten kann das schlimme Folgen haben, bis hin zum Tod. Offiziell liegt die Fehlerzahl nur im Promillebereich, die Dunkelziffer aber ist viel höher. Behandlungsfehler lassen sich nur schwer nachweisen, viele Betroffene melden sich deshalb nicht. Bei ihnen liegt im Streitfall die Beweislast.
Wichtigster Grund für Behandlungsfehler: die mangelnde Zeit in Praxen und Kliniken. Ärzte stehen überall unter zunehmendem Zeitdruck – aus Personalmangel, wegen zu rigiden Kostenmanagements oder übersteigerten Gewinninteresses. Gewinnmaximierung kann fatale Folgen haben. Für die richtige Behandlung ist sie keine gute Voraussetzung. Patienten und Ärzte brauchen vielmehr Ruhe und Zeit dafür. Umso dringlicher ist, die Zahl der Ärzte dort zu steigern, wo Patienten die vollsten Wartezimmer vorfinden – in den ländlichen Räumen, aber auch in den dichter besiedelten, aber strukturschwächeren Regionen. Patienten dürfen nicht zu Waren werden. BERICHT 62 TOTE DURCH ÄRZTLICHE FEHLER, TITELSEITE
EArztfehler minimieren
Fern der Wirklichkeit
ine gute Debattenkultur sieht anders aus. Ganz anders vor allem als jener Brief, den sieben deutsche Bischöfe – unter ihnen Kardinal Woelki – nach Rom schickten, um eine mehrheitlich getroffene Entscheidung der Bischofskonferenz doch noch zu kippen. Man muss theologisch nicht einer Meinung sein. Doch dieses Vorgehen schwächt die katholische Kirche in Deutschland und den Wunsch vieler Menschen nach Ökumene – gerade hierzulande. Vom gemeinsamen Abendmahl sind wir noch immer weit entfernt. Offiziell jedenfalls. Vor Ort aber, in den Gemeinden, wird eine viel größere Gemeinschaft gelebt als erlaubt. Dabei geht es im aktuellen Streit „bloß“um die gemeinsame Kommunion von konfessionsverschiedenen Ehepaaren. Wer die Zahl der Gottesdienstbesucher im Blick hat, ahnt, wie wenige Menschen dieser Streit tatsächlich betrifft. Und selbst dafür wird Rom angerufen. Wird Theologie bemüht. Das Kirchenrecht zitiert. Die gefühlte Gemeinschaft der Bischöfe aufs Spiel gesetzt. Der Disput ist mehr als enttäuschend. Er spiegelt nur noch eine erschreckende Ferne zur Wirklichkeit. BERICHT