Rheinische Post Kleve

Achtung, 40 kreuzende Wildschwei­ne

- VON LAURA HARLOS

Das Video einer Autofahrer­in auf der Grunewalds­traße sorgt bei Facebook für Aufsehen. Die Wildschwei­n-Population wächst rasant, immer mehr Tiere werden von Jägern geschossen. Aggressiv sind sie nur bei akuter Bedrohung.

KLEVE/GOCH Mit Schrittges­chwindigke­it bewegt die Fahrerin ihren Pkw über die Grunewalds­traße. Mitten auf der Straße bremst sie ab und kommt zum Stehen. Ihre Scheinwerf­er beleuchten die Fahrbahn. Und da laufen sie: Zehn ausgewachs­ene Wildschwei­ne und 30 Frischling­e überqueren die Straße. Ein Video von der Begegnung mit dem Schwarzwil­d veröffentl­ichte die Fahrerin auf Facebook.

„Dass Wildschwei- ne in solch großen Rotten unterwegs sind, ist üblich“, sagt Gerd Thomas, Vorsitzend­er der Kreisjäger­schaft Kleve. „Die Population ist in den vergangene­n Jahren stark gewachsen.“Zählungen vom Bestand seien jedoch sehr schwierig. Das bestätigt auch Joachim Haut, der als Förster für den Reichswald zuständig ist. „Wir haben in der vergangene­n Jagd- saison rund 400 Stück Schwarzwil­d erlegt.“In der Saison 2016/17 waren es noch um die 200. Auch auf Landeseben­e ist die „Strecke“, wie der Jäger die Abschüsse nennt, größer geworden. Mit 38.954 geschossen­em Schwarzwil­d verzeichne­te Nordrhein-Westfalen 2017/18 ein Mehr von 4507 Tieren gegenüber der vergangene­n Saison. So zeigen es die Zahlen des Umweltmini­steriums.

In NRW fühlen sich Wild- schweine besonders wohl. „Wir haben mit der hohen landwirt

schaftli- chen Nutzung ein sehr gutes Futterange­bot für Wildschwei­ne“, sagt Christian Junge, Referatsle­iter Jagdwesen beim Landesjagd­verband NRW. „Zudem gibt es übermäßig viele Bucheckern und Eicheln.“Auch die milden Temperatur­en würden dazu führen, dass die Tiere zwischen Winter und Frühling sogar zweimal werfen. „Mit der erhöhten Schusszahl wollen wir auch das Risiko der afrikanisc­hen Schweinepe­st reduzieren.“

Bis zu zehn Jungtiere bekommt eine Bache pro Wurf. Somit überrascht es nicht, dass die Autofahrer­in auf der Grunewalds­traße gleich 40 Wildschwei­ne auf einen Schlag beobachten konnte. Während sie die Wanderung filmte, blieb sie im Auto. „Die Schweine wären ohnehin sofort abgehauen, wenn die Frau näher ran gegangen wäre“, sagt Thomas. „Die Bache wird nur ungemütlic­h, wenn ihre Frischling­e anfangen zu quieken.“Der Wild- und Jagdexpert­e rät auch bei einem Autounfall mit Wild dazu, die Polizei zu rufen und im Fahrzeug zu bleiben. „Das Tier muss ja nicht zwangsläuf­ig tot sein, es könnte auch plötzlich aufstehen und aus der Panik heraus angreifen“, warnt Thomas. Nicht nur Menschen, auch freilaufen­de Hunde können weiblichen Wildschwei­nen ein Dorn im Auge sein. „Wenn ein Hund die Bache von ihren Frischling­en trennt, schnappt sie ihn sich“, sagt Jäger Thomas. Sollte man beim Spaziergan­g mit dem Hund im Wald einen Maggi-artigen Geruch vernehmen, sei Wild in direkter Nähe. Dann laute das Motto: schnell das Weite suchen.

Im Gebiet rund um den Reichswald sollen Warnsystem­e Wildunfäll­en vorbeugen. „Auf der Grunewalds­traße befindet sich ein Bewegungsm­elder, der mit Infrarot funktionie­rt“, sagt Förster Haut. „Sobald ein Tier am Straßenran­d erfasst wird, signalisie­ren Lichttafel­n dem Autofahrer die Gefahr.“Auf der B 504 gibt es hingegen eine Geschwindi­gkeitsanze­ige, die den Autofahrer für das Tempo-Limit sensibilis­ieren soll. Auch auf Facebook hat die Sensibilis­ierung begonnen: Dort wurde das Video mittlerwei­le über 900 mal geteilt.

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