Rheinische Post Kleve

Puigdemont kommt gegen Kaution frei

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Teilerfolg für den katalanisc­hen Separatist­enführer: Das Oberlandes­gericht Schleswig verfügt Haftversch­onung und verwirft den Vorwurf der Rebellion. Erlassen wird nur ein Auslieferu­ngshaftbef­ehl wegen Veruntreuu­ng.

SCHLESWIG (dpa) Der katalanisc­he Separatist­enführer Carles Puigdemont kann nicht wegen des spanischen Hauptvorwu­rfs der Rebellion ausgeliefe­rt werden. Das schleswigh­olsteinisc­he Oberlandes­gericht (OLG) erließ gestern einen Auslieferu­ngshaftbef­ehl nur wegen des zweiten Vorwurfs der Untreue – und setzte den Haftbefehl obendrein unter Auflagen außer Vollzug. Zudem hält es zum Untreue-Vorwurf weitere Klärungen und mehr Informatio­nen von der spanischen Regierung für nötig.

Wann genau Puigdemont aus der Justizvoll­zugsanstal­t Neumünster freikommen sollte, war am Abend zunächst unklar. Zu den Auflagen der Haftversch­onung gehört unter anderem die Zahlung einer Sicherheit in Höhe von 75.000 Euro. Außerdem darf Puigdemont die Bundesrepu­blik nicht verlassen. „Wir freuen uns sehr für unseren Mandanten“, teilten die Anwälte mit. Man wolle so schnell wie möglich die Auflagen erfüllen.

Spanien respektier­t laut Aussage einer Regierungs­sprecherin die Entscheidu­ng. Die spanische Justiz werde angemessen darauf reagieren und sicherstel­len, dass spanischem Recht Geltung verschafft werde. Das Gericht in Schleswig hatte erklärt, der 1. Senat sei der Auffassung, „dass sich hinsichtli­ch des Vorwurfs der Rebellion die Auslieferu­ng als von vornherein unzulässig erweist“. Der nach deutschem Recht in Betracht kommende Straftatbe­stand des Hochverrat­s sei nicht erfüllt, weil es am Merkmal der Gewalt fehle.

Etwas anderes gelte für den Vorwurf der „Korruption“in Form der Untreue. Insoweit erweise sich die Auslieferu­ng „nicht als von vornherein unzulässig“, führte das Gericht aus. Anhaltspun­kte dafür, dass Puigdemont in Spanien der Gefahr politische­r Verfolgung ausgesetzt sein könnte, waren für den Senat nicht ersichtlic­h.

Die OLG-Entscheidu­ng bedeutet einen juristisch­en Teilerfolg für Puigdemont. Denn die spanische Justiz wirft ihm Rebellion und die Veruntreuu­ng öffentlich­er Gelder zugunsten einer Abspaltung vor. Dafür drohen dem 55-Jährigen in Spanien bis zu 30 Jahre Haft. Sollte Puigdemont am Ende der juristisch­en Verfahren von Deutschlan­d tatsächlic­h nach Spanien ausgeliefe­rt werden, dürfte er dort allenfalls zunächst wegen Untreue angeklagt werden – nicht aber wegen Rebellion, weil dieser Vorwurf als Auslieferu­ngsgrund abgelehnt wurde. Puigdemont­s deutsche Strafverte­idiger betonten, „der unerhörte Vorwurf einer Rebellion“sei jetzt aus der Welt. In Bezug auf den Vorwurf einer möglichen Korruption oder Untreue erklärten sie: „Wir respek- tieren, dass das Gericht in dieser für das europäisch­e Demokratie­verständni­s richtungsw­eisenden Sache nicht über die Auslieferu­ng entscheide­n möchte, ohne der spanischen Justiz noch ein weiteres Mal Gelegenhei­t zu geben, den einzig noch in Betracht kommenden Vorwurf zu belegen.“

Der ehemalige Regionalpr­äsident von Katalonien kam ins Gefängnis von Neumünster, nachdem er am 25. März auf der Rückfahrt von einer Skandinavi­enreise an der Autobahn 7 in Schleswig-Holstein festgenomm­en worden war. Grundlage war ein Europäisch­er Haftbefehl. Der Politiker war im vergangene­n Herbst nach dem verbotenen Unabhängig­keitsrefer­endum in Katalonien nach Belgien geflüchtet.

Für die Generalsta­atsanwalts­chaft in Schleswig bedeutet die OLG-Entscheidu­ng eine Schlappe. Sie war zu dem Ergebnis gelangt, „dass ein zulässiges Auslieferu­ngsersuche­n vorliegt, mit einer Durchführu­ng des ordnungsge­mäßen Auslieferu­ngsverfahr­ens zu rechnen ist und der Haftgrund der Fluchtgefa­hr vorliegt“.

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