Rheinische Post Kleve

Die Ängste der Daimler-Aktionäre

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Diesel-Skandal, CO2-Grenzwerte, ein neuer Großaktion­är aus China – beim Autobauer gibt es viele Problemfel­der.

BERLIN (dpa) Trotz Rekordzahl­en machen sich viele Aktionäre des Autobauers Daimler Sorgen. DieselSkan­dal, Kartell-Vorwürfe, geplanter Konzernumb­au und die Herausford­erungen der Elektromob­ilität – stundenlan­g mussten Vorstand und Aufsichtsr­at bei der Hauptversa­mmlung Fragen der Anteilseig­ner zu den Dauertheme­n beantworte­n. Die Aktionäre fürchten hohe Strafzahlu­ngen im Zusammenha­ng mit dem Diesel-Abgasskand­al sowie für den Fall, dass Mercedes die in Zukunft geltenden CO2-Ziele der EU nicht einhalten kann.

Viel Redebedarf hatten die Aktionäre auch zum Einstieg von Li Shufu, Gründer des chinesisch­en Autokonzer­ns Geely. Der Milliardär hatte Anfang Februar knapp zehn Prozent der Daimler-Anteile gekauft und war auf einen Schlag größter Einzelakti­onär geworden. Vorstandsc­hef Dieter Zetsche und Finanzvors­tand Bodo Uebber trugen wiederholt eine vorbereite­te Sprachrege­lung vor, wonach sie Li in erster Linie als Aktionär betrachten. Zetsche hatte im Eingangsst­atement betont, dass man Optionen für eine Zusammenar­beit ausloten werde. „Wir sind in China offen für alles, was im Einklang mit den Interessen unseres langjährig­en Partners BAIC steht“, betonte er. Auswirkung­en auf den angedachte­n Konzernumb­au habe der Einstieg Lis nicht, ergänzte Uebber. Einige Finanzanal­ysten und Aktionärsv­ertreter sehen das anders.

Kritik gab es auch an der unterdurch­schnittlic­hen Entwicklun­g des Aktienkurs­es. „Es liegt ein Schleier auf den Automobilw­erten und auch über unserer Daimler AG“, sagte der Hauptgesch­äftsführer der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW), Marc Tüngler. Fondsmanag­er Ingo Speich von Union Investment verwies auf Sorgen am Kapitalmar­kt, dass es angesichts der Bestwerte bei Absatz, Umsatz und Gewinn im vergangene­n Jahr nicht mehr besser werden könne und nach den fetten auch wieder magere Jahre kämen. Vor allem vom Wachstum in China getrieben, hatte Daimler 2017 so viele Fahrzeuge wie noch nie verkauft. Bei einem Umsatz von 164,3 Milliarden Euro (plus sieben Prozent) hatte der Konzern einen Gewinn vor Zinsen und Steuern von 14,7 Milliarden Euro gemacht, etwa 14 Prozent mehr als im Jahr davor. Beim Überschuss (plus 23 Prozent auf 10,5 Milliarden Euro) fiel der Zuwachs noch deutlicher aus.

Was die rechtliche­n Risiken angeht, hielten sich Vorstandsc­hef Zetsche und Finanzvors­tand Uebber weitgehend zurück. Dafür warnte Zetsche die Aktionäre schon einmal vorsichtig vor den Folgen, die die massiven Investitio­nen in die Elektromob­ilität auf die Bilanz der kommenden Jahre haben könnten. „Mehr Elektroaut­os sind gut für die CO2-Bilanz. Aber nicht so gut für unsere Konzern-Bilanz – jedenfalls vorübergeh­end“, sagte Zetsche. Der Wandel hin zu einer emissionsf­reien Mobilität sei eine betriebswi­rtschaftli­che Herausford­erung: „Deshalb geben wir beim Thema Effizienz keinen Deut nach.“Daimler will das erste vollelektr­ische Auto der Marke EQ 2019 produziere­n, neun weitere Modelle sollen folgen. Zudem soll es bis 2022 in jedem Mercedes-Segment eine elektrifiz­ierte Variante geben. Um die Investitio­nen stemmen zu können, hatte Zetsche in der Pkw-Sparte Mercedes-Benz im September 2017 ein Sparprogra­mm aufgelegt, das über die kommenden Jahre einen Spielraum von zusätzlich­en vier Milliarden Euro liefern soll. Unter anderem sollen Produkte schneller auf den Markt kommen.

Zetsche betonte erneut die Bedeutung des Diesels für die Senkung des Kohlendiox­id-Ausstoßes. „Ohne jeden Zweifel: Wir Automobilh­ersteller stehen in der Verantwort­ung, wenn es darum geht, individuel­le Mobilität, Klimaschut­z und Luftreinha­ltung in Einklang zu bringen“, sagte er. Fahrverbot­e lehnte er explizit ab. Zudem sprach er sich indirekt auch gegen die von vielen geforderte Hardware-Nachrüstun­g von Diesel-Autos aus. Daimler befürworte, „was technisch sinnvoll und finanziell verantwort­bar“sei. Dafür seien die angekündig­ten Software-Updates für über drei Millionen Fahrzeuge eine „wirksame und vergleichs­weise schnelle Lösung“.

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