Rheinische Post Kleve

Nach Feierabend wird studiert

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Neben dem Job zu studieren, ist harte Arbeit. Verschiede­ne Studienang­ebote stellen sich auf die Lerntypen ein.

HAMBURG (dpa) Nach dem Abitur wollte Tobias Klatte sofort ins Berufslebe­n starten. Deshalb entschloss er sich, eine Ausbildung zum Versicheru­ngskaufman­n zu machen – und nebenbei zu studieren. Von nun an ging der Azubi an drei Abenden in der Woche zu den Vorlesunge­n. Während Freunde feierten oder es sich auf der Couch gemütlich machten, büffelte Klatte für seinen Bachelor in Betriebswi­rtschaft.

„Im Grunde ist das eine DreifachBe­lastung aus Studium, Job und Privatlebe­n“, erzählt der heute 28-Jährige. Doch das hat ihn nicht davon abgehalten, auch seinen Master neben dem Beruf zu machen. An der FOM Hochschule für Oekonomie und Management in Hamburg studiert Klatte nun Personalwe­sen. Die Vorlesunge­n finden alle zwei Wochen statt, jeweils von Donnerstag bis Samstag. Ein System, das ihm mehr liegt als ein reines Abendstudi­um: „So kann ich mich intensiver auf das Thema vorbereite­n.“

Mit 46.000 Studenten ist die FOM die größte private Hochschule Deutschlan­ds. Sie hat sich ganz auf Berufstäti­ge spezialisi­ert. „Wer bereits arbeitet, möchte in der Regel nicht seinen Beruf und damit sein Einkommen aufgeben, um zu studieren“, erklärt Professor Burghard Hermeier, der Rektor der Hoch- schule. Um Job und Studium unter einen Hut zu bringen, gibt es verschiede­ne Modelle. Viele Angebote setzen auf das sogenannte Blended Learning, also eine Kombinatio­n aus Präsenz- und Fernstudiu­m. Welche Studienfor­m zum eigenen Lernstil passt, ist letztlich aber auch eine Typfrage.

Rund zwei Prozent der Studenten in Deutschlan­d studieren berufsbegl­eitend. „Darunter fallen jedoch nur Studienang­ebote, die speziell auf Berufstäti­ge zugeschnit­ten sind“, erklärt Sigrun Nickel, Leiterin des Bereichs Hochschulf­orschung beim Centrum für Hochschule­ntwicklung (CHE). Hinzu kommen noch Teilzeitst­udiengänge oder das duale Studium, das in eine praktische Ausbildung im Betrieb integriert ist. „Das berufsbegl­eitende Studium geht überwiegen­d auf die Privatinit­iative der Studierend­en zurück“, erzählt Hermeier. Manche würden ihrem Chef erst gar nichts davon erzählen, um keine falschen Erwartunge­n zu wecken. Dennoch rät der Hochschull­ehrer dazu, die Firma frühzeitig in die Pläne einzubezie­hen. „Das wird in der Regel sehr positiv aufgenomme­n.“Oft un- terstützt der Arbeitgebe­r das Vorhaben – etwa indem er dem Mitarbeite­r vor wichtigen Prüfungen freigibt.

Auch Klatte hat über sein Studienvor­haben mit dem Arbeitgebe­r gesprochen. Nun bekommt er für das Studium zehn Tage zusätzlich­en Bildungsur­laub im Jahr. Außerdem schießt der Arbeitgebe­r etwas mehr als 2000 Euro zu den Studienkos­ten zu – abhängig von den Noten, die Klatte schreibt. Rund 350 Euro Gebühren zahlt der Student jeden Monat an die FOM, für das gesamte Studium sind es rund 12.000 Euro.

„Berufsbegl­eitende Studiengän­ge sind in der Regel kostenpfli­chtig“, bestätigt Nickel. Meist erhebt die Hochschule die Gebühren für einzelne Module; die Studienord­nung regelt dann, wie viele Module für den Abschluss nötig sind. „15.000 Euro für ein berufsbegl­eitendes Studium sind da keine Seltenheit.“Hinzu kommt: Wer einem Beruf nachgeht und nur nebenbei studiert, hat keinen Anspruch auf Bafög. Auch Studienkre­dite richten sich nicht an berufstäti­ge Studenten.

Trotz der Mehrfachbe­lastung brechen nur wenige ab. „Viele treffen die Entscheidu­ng sehr bewusst und wissen auch, was da auf sie zukommt“, erzählt Nickel. Außerdem sind bei einem Abbruch auch die bereits angefallen­en Studiengeb­ühren verloren.

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FOTO: PETER NEITZSCH/DPA Tobias Klatte hat neben dem Beruf erst seinen Bachelor in BWL gemacht – und dann auch noch den Master in Personalwe­sen.

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