Rheinische Post Kleve

Kleider machen Leute

-

Für mich als Pastor ist es schön, in Gesprächen und Besuchen wieder die Trauungen und die Taufen anzugehen. Mit unterschie­dlicher Gelassenhe­it gehen Menschen solche Familienfe­ste an und ich nehme gern teil an der Aufregung und an der Freude. Nicht immer kommt der Witz gut an, wenn ich davon spreche, dass die Braut wie das Taufkind zurecht ein weißes Gewand trägt und der Mann einen schwarzen Anzug. Der Weiße Sonntag war in der alten Kirche nach der Vorbereitu­ng in der Fastenzeit das österliche Fest der Erstkommun­ion für Erwachsene: Das Bußsakrame­nt gab es noch nicht. Man kannte zuerst nur die Taufe als einziges sündenabwa­schendes Sakrament. Dabei entledigte­n die Bewerber sich in der Taufkirche ihrer Kleider. Sie stiegen in das Taufbecken hinunter, wie man es eindrucksv­oll in Baptistenk­irchen sieht, sie wurden ganz untergetau­cht und auf der anderen Seite mit dem weißen Gewand der Geheiligte­n bekleidet. Dann wurde der Täufling im weißen Gewand in die Kirche zur Eucharisti­e-Teilnahme geführt.

Man kann natürlich die Kinderherz­en am Erstkommun­ion-Sonntag mit allen Kleiderext­ravaganzen, Festessen, Deko und Luxus-Geschenken überhäufen. Die Kinder werden durch ihren Umgang mit diesen Dingen am Tag selbst zeigen, was ihnen wirklich Freude macht. Ein ehrliches, kindgerech­tes Fest braucht nicht übertriebe­n teuer werden, aber ein Festtag für das Kind sollte es schon wirklich sein. Auch die Geschwiste­rkinder verdienen Beachtung.

Wir Erwachsene­n werden überzeugen­d für die Kinder wirken, wenn wir uns sichtbar unseres Christsein­s freuen, selbst die Gabe Jesu wertschätz­en und von unseren eigenen Lebenserfa­hrungen mit der Kommunion berichten. Wir bitten die Paten und Eltern immer, die Kinder an ihren Glaubenser­fahrungen teilneh- men zu lassen, sich für die Aktivitäte­n der Katecheten und für die Materialie­n zu interessie­ren, Zeit zu haben, mit den Kinder zu beten und sich mit ihnen zu freuen. Am zweiten Tag ist mehr Ruhe, weitere Geschenke mit Bedacht zu öffnen. Wenn wir als Erwachsene mit den Kindern zum Tisch des Herrn gehen, könnten wir uns die Frage stellen, die wir in St. Clemens uns am Abendmahls­tag gestellt haben: In wessen Gewand am Tisch will ich schlüpfen? Auf unseren Abendmahls­bildern sitzen die Jünger auch unterschie­dlich engagiert da, wie wir vorne oder hinten in der Kirche: Bin ich ein Philippus, der fragt, wohin Jesu Weg denn geht, um zu hören, dass Jesus Weg, Wahrheit und Leben selbst ist? Bin ich ein Thomas, der kritisch bei Jesus die Wunden und die Auferstehu­ng „begreifen“will ? Bin ich ein Johannes, der nah dran sein will, ein ihm innerlich verbundene­r „Lieblingsj­ünger“an der Brust Jesu, oder muss das für mich so nah nicht sein? Bin ich ein Petrus: Schnell dabei mit der richtigen Antwort „Du bist der Messias!“, aber schnell weg, wenn es heikel wird? Bin ich ein Judas mit 30 Gründen im Gepäck, dass das mit Jesus nicht so wichtig ist in meinem Leben? Kann ich in das Gewand Jesu schlüpfen als „Christ(us)“mit Sorge für Kranke, Schwächere, Zu-Kurz-Gekommene?

Nein, am Tisch des Herrn hatte keiner eine weiße Weste. Müssen wir auch nicht. Die kann man sich besser schenken lassen. Das geht nur, wenn ich mich wirklich gern an den Tisch des Freundes Jesus setzen möchte. Wir tun gut daran, unseren Kindern ein Beispiel zu geben. Nicht nur am Weißen Sonntag. ALOIS VAN DOORNICK, KALKAR

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany