Rheinische Post Kleve

Und wie viel sind Ihre Schätzchen wert?

- VON MATTHIAS GRASS

Am Wochenende wird in der Stadtbüche­rei wieder der Wert von Büchern geschätzt. Experten sind Eckard Erdmann (Hintzen) und der Antiquar Helmut van Bebber. Die wissen: Nicht alles, was alt ist, muss auch wertvoll sein.

KLEVE Es sind zwei unscheinba­re kleine Pappbändch­en aus der selben Insel-Buch-Reihe. Ein Fleckmuste­r auf der in Papier gebundenen Titelseite, darauf ein kleines Schildchen mit dem jeweiligen Titel. Beide sind schöne Bändchen und gut erhalten. Das eine ist einen Euro wert, das andere 10.000 Euro. „Das Büchlein aus der Insel-Reihe ist die ,Blaue Mauritius’ der InselDruck­erei“, sagt Eckard Erdmann, Buchhändle­r bei der Buchhandlu­ng Hintzen in Kleve. Es ist das Inselbuch 313(2), „Gedichte des deutschen Barock“. Ein Buch, dessen gesamte Auflage bis auf wenige Vorausexem­plare bei einem Bombenangr­iff auf Leipzig 1943 vernichtet wurde. Der Band wurde nie wieder neu aufgelegt. „Es sind heute acht Bändchen bekannt“, sagt Erdmann. Aber vielleicht, so hofft jeder Jäger des verlorenen bibliophil­en Schatzes, vielleicht gibt es ja irgendwo den neunten oder zehnten . . .

Am kommenden Samstag, 28. April werden Eckard Erdmann und seine Expertenko­llegen, der Klever Antiquar Helmut van Bebber sowie der Niederländ­er Peter Cornelisse­n, alte und neuere Bücherschä­tzchen bewerten. Die drei Buchexpert­en stehen von 10 bis 13 Uhr in der Stadtbibli­othek Kleve an der Wasserstra­ße mit Rat und Tat zur Stelle. „Wir beraten, schätzen den Wert ein – aber man kann an dem Tag bei uns keine Bücher kaufen, verkaufen oder abgeben. Das ist ein Schätz- tag“, sagt Erdmann. Denn so mancher möchte gerne wissen, ob da in den Regalmeter­n seiner Bücherwand nicht doch ein ganz wertvoller Band steht. Doch nicht alles, was alt und Schmuck aussieht, lässt auch gleich die Kasse klingeln. Erdmann holt ein prächtig verziertes griffiges Bändchen aus seinem Fundus. 1887 bei der altehrwürd­igen Deutschen Verlags Anstalt (DVA) erschienen, ein Abenteuerr­oman von Georg Ebers, einem Vertreter des Professore­nromans. Drei mit viel goldenem Prägedruck versehene Bände erzählen die Geschichte aus dem alten Ägypten. Sieht gut aus, ist aber nicht viel wert, erklärt der Buchexpert­e. Die drei Bände gibt’s schon ab 15 Euro – als Paketpreis. Sehr gut erhaltene bringen auch schon mal 50 Euro, sagt er. Ähnlich die kleine Shakespear­e-Ausgabe: „Gesamtausg­aben sind im Moment sehr schwierig zu verkaufen“, sagt er und lässt die Hand über den ledernen Buchrücken der etwa Handteller­großen und mehrere Finger dicken Bände streifen. „Anderersei­ts ist das eine sehr schöne Ausgabe, ein Schmuckstü­ck für jede Bücherwand. Man muss sie nicht verkaufen“, sagt er. Und sie bietet die klas- sische Shakespear­e-Übersetzun­g. Manchmal tauchen aber auch kleine Schätze, wie eine Geschichte Emmerichs aus dem 17. Jahrhunder­t, auf. Oder ein anderes Büchlein aus jener Insel-Reihe. Denn nicht nur 313(2) ist sehr wertvoll. Das eine oder andere der unscheinba­ren Taschenbüc­her kommt auch auf einen dreistelli­gen Betrag. Viel, wenn man nur mit einem Euro gerechnet hat.

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RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN Eckard Erdmann und zwei Kollegen bewerten in der Stadtbüche­rei alte Bände.

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