Laschets unglückliche Personalpolitik
Der Rücktritt von Christina Schulze Föcking war fällig. Sie hatte erkennbare Schwierigkeiten, ihr Amt als Agrarministerin sauber von dem Geschehen auf dem Bauernhof ihrer Familie zu trennen. Sie hatte noch größere Schwierigkeiten, dem Landtag ihr Vorgehen bei der Umstrukturierung ihres Ministeriums zu erklären. Und überhaupt nicht mehr erklären konnte sie, warum sie sich in aller Öffentlichkeit für einen Hacker-Angriff auf ihr privates IT-Netzwerk bemitleiden ließ, den es nicht gab. All dem konnte Schulze Föcking keinen einzigen nennenswerten politischen Erfolg gegenüberstellen. Ihr Vorgänger Johannes Remmel (Grüne) war zwar auch umstritten. Aber er hat mit seinem Katzen-Abschussverbot, dem NRWKlimaschutz-Gesetz, der Verkleinerung des Braunkohletagebaus und vielem anderen bis heute sichtbare Spuren hinterlassen. Schulze Föcking blieb als gestaltende Politikerin unsichtbar.
Ihren Rücktritt begründete die 41-Jährige ausschließlich mit Bedrohungen, denen sie und ihre Familie im Internet und in anonymen Briefen ausgesetzt sind. Das ist keine Bagatelle. Anonym verbreiterter, undifferenzierter Hass gehört zu den größten Plagen unserer Zeit. Aber es hätte Christina Schulze Föcking gut zu Gesicht gestanden, ihren Rücktritt auch mit ein paar selbstkritischen Worten zu begleiten. Eine weitere verpasste Chance. ach ihrem Rücktritt gerät Ministerpräsident Armin Laschet nun selbst in den Fokus. Er wird die Frage beantworten müssen, warum er sie so lange verteidigt hat. Sollte der absehbare Untersuchungsausschuss ihm oder seinem Regierungssprecher nachweisen können, dass die beiden die unsägliche Selbstinszenierung der Ministerin als Pseudo-Opfer einer herbeifantasierten Hacker-Attacke wider besseres Wissen unterstützt haben, wird aus dem Fall Schulze Föcking noch eine Regierungskrise. Auszuschließen ist das nicht.
Seine Personalpolitik ist die größte Schwachstelle von Armin Laschet. Mit Medienminister HolthoffPförtner, der diese Zuständigkeit wegen eines Interessenkonfliktes schon nach zwei Monaten wieder abgeben musste, fing es an. Mit der verheißungsvoll angekündigten Bosbach-Baum-Kommission, die nach dem Rückzug des Liberalen jetzt nur noch eine Bosbach-Kommission ist, ging es weiter. Und dass Wolfgang Bosbach als Chef dieser Regierungskommission für mehr Sicherheit jetzt auch noch unbedingt einen Nebenjob bei einem privaten Sicherheitsdienst annehmen musste, ist auch unglücklich. Das sind zu viele Personalquerelen für eine Regierung, die noch kein Jahr im Amt ist. BERICHT SCHULZE FÖCKING VERLÄSST . . ., TITELSEITE
NVerwirrendes Urteil
Die Richter in Karlsruhe müssen ungeklärte Fragen klar beantworten. Das gehört zu den ursprünglichen Aufgaben des Bundesgerichtshofs. Die Entscheidung zu den Dashcams aber stiftet keine Klarheit, sie stiftet Verwirrung. Ist ein Autofahrer nun gut beraten, wenn er eine Kamera installiert? Oder muss er mit Bußgeldern rechnen, weil er gegen die Regeln des Datenschutzes verstößt? Der gesunde Menschenverstand schließt das eine oder das andere aus. Das Gericht aber sagt: Beides ist richtig. Und damit sagt es entschieden zu wenig.
Das Urteil wird wohl dazu führen, dass sich die Autorepublik mit Dashcams ausstattet. Die Kamera wird zum ständigen Begleiter: Sie wird jede Kreuzung und jeden Stau filmen, jeden Auffahrunfall und jedes riskante Manöver. Der Staat, der den Straßenverkehr selbst nicht permanent mit Videos überwachen darf, bedient sich privater Helfer. Er könnte bald ein lückenloses Netz der Überwachung aus Dashcams nutzen – vielleicht sogar nicht nur für Verkehrsunfälle. Damit umgeht der Staat seine Datenschutzregeln: Er erlaubt, was verboten ist. Das ist töricht. BERICHT VIDEOS AUS KAMERAS IM AUTO . . ., TITELSEITE