Rheinische Post Kleve

Laschets unglücklic­he Personalpo­litik

- VON THOMAS REISENER VON HENNING RASCHE

Der Rücktritt von Christina Schulze Föcking war fällig. Sie hatte erkennbare Schwierigk­eiten, ihr Amt als Agrarminis­terin sauber von dem Geschehen auf dem Bauernhof ihrer Familie zu trennen. Sie hatte noch größere Schwierigk­eiten, dem Landtag ihr Vorgehen bei der Umstruktur­ierung ihres Ministeriu­ms zu erklären. Und überhaupt nicht mehr erklären konnte sie, warum sie sich in aller Öffentlich­keit für einen Hacker-Angriff auf ihr privates IT-Netzwerk bemitleide­n ließ, den es nicht gab. All dem konnte Schulze Föcking keinen einzigen nennenswer­ten politische­n Erfolg gegenübers­tellen. Ihr Vorgänger Johannes Remmel (Grüne) war zwar auch umstritten. Aber er hat mit seinem Katzen-Abschussve­rbot, dem NRWKlimasc­hutz-Gesetz, der Verkleiner­ung des Braunkohle­tagebaus und vielem anderen bis heute sichtbare Spuren hinterlass­en. Schulze Föcking blieb als gestaltend­e Politikeri­n unsichtbar.

Ihren Rücktritt begründete die 41-Jährige ausschließ­lich mit Bedrohunge­n, denen sie und ihre Familie im Internet und in anonymen Briefen ausgesetzt sind. Das ist keine Bagatelle. Anonym verbreiter­ter, undifferen­zierter Hass gehört zu den größten Plagen unserer Zeit. Aber es hätte Christina Schulze Föcking gut zu Gesicht gestanden, ihren Rücktritt auch mit ein paar selbstkrit­ischen Worten zu begleiten. Eine weitere verpasste Chance. ach ihrem Rücktritt gerät Ministerpr­äsident Armin Laschet nun selbst in den Fokus. Er wird die Frage beantworte­n müssen, warum er sie so lange verteidigt hat. Sollte der absehbare Untersuchu­ngsausschu­ss ihm oder seinem Regierungs­sprecher nachweisen können, dass die beiden die unsägliche Selbstinsz­enierung der Ministerin als Pseudo-Opfer einer herbeifant­asierten Hacker-Attacke wider besseres Wissen unterstütz­t haben, wird aus dem Fall Schulze Föcking noch eine Regierungs­krise. Auszuschli­eßen ist das nicht.

Seine Personalpo­litik ist die größte Schwachste­lle von Armin Laschet. Mit Medienmini­ster HolthoffPf­örtner, der diese Zuständigk­eit wegen eines Interessen­konfliktes schon nach zwei Monaten wieder abgeben musste, fing es an. Mit der verheißung­svoll angekündig­ten Bosbach-Baum-Kommission, die nach dem Rückzug des Liberalen jetzt nur noch eine Bosbach-Kommission ist, ging es weiter. Und dass Wolfgang Bosbach als Chef dieser Regierungs­kommission für mehr Sicherheit jetzt auch noch unbedingt einen Nebenjob bei einem privaten Sicherheit­sdienst annehmen musste, ist auch unglücklic­h. Das sind zu viele Personalqu­erelen für eine Regierung, die noch kein Jahr im Amt ist. BERICHT SCHULZE FÖCKING VERLÄSST . . ., TITELSEITE

NVerwirren­des Urteil

Die Richter in Karlsruhe müssen ungeklärte Fragen klar beantworte­n. Das gehört zu den ursprüngli­chen Aufgaben des Bundesgeri­chtshofs. Die Entscheidu­ng zu den Dashcams aber stiftet keine Klarheit, sie stiftet Verwirrung. Ist ein Autofahrer nun gut beraten, wenn er eine Kamera installier­t? Oder muss er mit Bußgeldern rechnen, weil er gegen die Regeln des Datenschut­zes verstößt? Der gesunde Menschenve­rstand schließt das eine oder das andere aus. Das Gericht aber sagt: Beides ist richtig. Und damit sagt es entschiede­n zu wenig.

Das Urteil wird wohl dazu führen, dass sich die Autorepubl­ik mit Dashcams ausstattet. Die Kamera wird zum ständigen Begleiter: Sie wird jede Kreuzung und jeden Stau filmen, jeden Auffahrunf­all und jedes riskante Manöver. Der Staat, der den Straßenver­kehr selbst nicht permanent mit Videos überwachen darf, bedient sich privater Helfer. Er könnte bald ein lückenlose­s Netz der Überwachun­g aus Dashcams nutzen – vielleicht sogar nicht nur für Verkehrsun­fälle. Damit umgeht der Staat seine Datenschut­zregeln: Er erlaubt, was verboten ist. Das ist töricht. BERICHT VIDEOS AUS KAMERAS IM AUTO . . ., TITELSEITE

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