Rheinische Post Kleve

Ein mutiges Signal für die Pflege

- VON EVA QUADBECK VON GREGOR MAYNTZ VON ANTJE HÖNING GABRIEL ERNTET VIEL KRITIK, SEITE B 1

Im Regierungs­viertel ist angekommen, dass es in Pflegeheim­en und Kliniken einen dramatisch­en Mangel an Fachperson­al für die Pflege gibt. Die geplanten Gegenmaßna­hmen sind aber halbherzig. Wo sollen 8000 neue Pflegekräf­te herkommen, wenn die Heime heute schon ihre vorhandene­n Stellen nicht besetzen können?

Mit seinem Vorschlag, Pflegekräf­te mit attraktive­n Geldprämie­n zurück in den Job zu locken oder zur Aufstockun­g der Arbeitszei­t zu bewegen, zieht der Pflegebeau­ftragte der Bundesregi­erung quasi die Notbremse. Derzeit dreht sich beim Personal eine Abwärtsspi­rale: Wegen hoher Arbeitsbel­astung und psychische­n Drucks verlassen mehr ausgebilde­te Fachkräfte den Job, reduzieren die Arbeitszei­t oder müssen sich krankschre­iben lassen. Dies wiederum erhöht den Druck auf das verbleiben­de Personal.

Eine Geld-Prämie ist anfällig für Missbrauch und Mitnahmeef­fekte. Sie wäre aber angesichts des Pflegenots­tands ein wirksames Signal. Die Prämie bietet die Chance, freie Stellen rasch zu besetzen und so die Situation für die anderen Pflegekräf­te zu verbessern. Auch die Idee, den Pflegeberu­f durch eine differenzi­erte Ausbildung vom Assistente­n bis zum akademisch­en Master aufzuwerte­n, ist zukunftswe­isend. BERICHT 5000 EURO PRÄMIE SOLLEN PFLEGER . . ., TITELSEITE

Kalkuliert­e Provokatio­n

Der Ordnungsru­f gegen AfD-Fraktionsc­hefin Alice Weidel war von dieser wohl kalkuliert. Nach der Sitzung warb sie damit sogar um mehr Kundschaft für ihre Präsenz im Internet. „Kopftuchmä­dchen“, „alimentier­te Messermänn­er“und „sonstige Taugenicht­se“in einen Satz zu rühren, hatte zuvor im Bundestag zu den provoziert­en Buhrufen geführt bis hin zum „Sie sollten sich schämen!“aus dem Mund von Unionsfrak­tionschef Volker Kauder.

Die Kanzlerin war zuvor der Linie treu geblieben, gar nicht darauf einzugehen und die verbalen Knalleffek­te der AfD einfach verpuffen zu lassen. Denn die Reaktionen sind stets die gleichen, wie AfD-Chef Alexander Gauland freimütig einräumte: Attacken auf die AfD brächten der AfD Stimmen, nicht den anderen. Gleichwohl gibt es einen Unterschie­d zu früheren Entgleisun­gen, als die Parlamenta­rier in der Regel sich selbst angingen. Die AfD hingegen erniedrigt ganze Personengr­uppen. Das entspricht einer Verwahrlos­ung in Gesellscha­ft und Politik und nutzt nur den Scharfmach­ern, nicht dem Lösen von Problemen. BERICHT ORDNUNGSRU­F FÜR AFD-FRAKTIONSC­HEFIN, TITELSEITE

Mit Beigeschma­ck

Das ging schnell. Bis März war Sigmar Gabriel Außenminis­ter, nun ist er als Verwaltung­srat für die Zug-Allianz von Siemens und Alstom nominiert. Formal verhält Gabriel sich korrekt, die Regeln sehen eine Karenz von einem Jahr vor, und Gabriel wird erst 2019 antreten. Grundsätzl­ich ist berufliche Mobilität sogar wünschensw­ert. Nur wenn es für Politiker a.D. kein Berufsverb­ot gibt, werden Unternehme­r bereit sein, in die Politik zu wechseln.

Doch ein Beigeschma­ck bleibt. Gabriel hatte sich als Wirtschaft­sminister für eine Fusion von SiemensAls­tom-Töchtern stark gemacht und mit Paris versucht, diese gegen einen US-Angreifer durchzuset­zen. Dass Gabriel nun einen gut dotierten Posten erhält, wirkt wie eine nachträgli­che Belohnung. So macht er sich angreifbar. Erst recht, da er als SPDChef gerne die moralische Karte spielte. „Gier, Frechheit, Betrug dürfen sich nicht mehr lohnen“, sagte er Richtung Banker. Acht Wochen nach dem Ausstieg aus der Politik den nächsten Job in einem Unternehme­n klarzumach­en, das noch nicht mal grünes Licht des Kartellamt­s hat, ist unsensibel. Chance vertan. BERICHT:

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