Rheinische Post Kleve

EU ringt um Antwort auf Trump

- VON MARKUS GRABITZ

Es bleiben nur noch neun Tage, um die Strafzölle auf Stahl und Aluminium durch die USA abzuwenden. In Brüssel diskutiert­en Minister der EU-Staaten nun Lösungen. Doch EU-Handelskom­missarin Cecilia Malmström bleibt skeptisch.

BRÜSSEL Die Beziehunge­n zwischen der EU und den USA sind hochgradig belastet. Es gibt zwei große Konflikthe­rde, die ausstrahle­n auf die politische­n und handelspol­itischen Beziehunge­n zwischen Brüssel und Washington. Zum einen ist da die Frist vom 1. Juni, die die US-Regierung den Europäern bei den drakonisch­en Strafzölle­n auf Stahl und Aluminium gewährt hat. Die Europäer verlangen, dass sie dauerhaft ausgenomme­n werden, machen sich aber wenig Hoffnung, dass sie erhört werden. Zum anderen ist da die Aufkündigu­ng des Iran-Abkommens durch US-Präsident Donald Trump. Dies ist für die EU nicht nur eine politische Herausford­erung, weil sie dies für einen schweren Fehler hält. Vielmehr bedeutet es auch eine wirtschaft­liche Bedrohung für die EU: Die USA verlangen, dass sich die europäisch­en Unternehme­n aus den Iran-Geschäften zurückzieh­en. Das ist die unangenehm­e Ausgangsla­ge gewesen für das Treffen der Wirtschaft­s- und Handelsmin­ister der 28 EU-Mitgliedst­aaten gestern in Brüssel. Denn die EU ringt um eine Antwort auf Trump.

Der Außenminis­ter Luxemburgs, Jean Asselborn, macht kein Hehl daraus, wie ausweglos die Situation der Europäer ist. Die Europäer seien „wie Getriebene“, räumt er ein. Der alte Kontinent sei „nicht auf den Wechsel der Weltordnun­g eingestell­t“. Die Europäer seien immer für den freien Welthandel gewesen und würden sich „jetzt in einem komplett neuen Film“wiederfind­en. Und dann sagt er einen Satz, der für einen Politiker recht ungewöhnli­ch ist: „Als Außenminis­ter bin ich schon etwas verzweifel­t.“

Bei den drohenden Strafzölle­n redet EU-Kommissari­n Cecilia Malmström seit Wochen mit US-Handelsmin­ister Wilbur Ross. Es sind aber keine förmlichen Verhandlun­gen. Ein EU-Diplomat: „Man kann Verhandlun­gen nicht führen, wenn uns die Gegenseite eine Pistole an die Stirn gesetzt hat.“Es werde aber geredet. Malmström selbst ist pessimisti­sch, dass die Amerikaner die EU am Ende dauerhaft von den Zöllen ausnehmen werden.

Das Angebot Brüssels umfasst vier Punkte: Unter der Voraussetz­ung, dass die EU dauerhaft von den Strafzölle­n auf Stahl und Aluminium ausgenomme­n bleibt, sei die EU zum einen bereit, über eine Angleichun­g von Zöllen auf Industriep­rodukte wie Autos, Lkw und Pickups zu verhandeln. Zweitens könnten die Europäer mehr Flüssiggas aus den USA beziehen, um das Handelsbil­anzdefizit anzugehen. Drittens könnten Handelssch­ranken wie Industrien­ormen angepasst werden. Viertens könnten Brüssel und Washington gemeinsam eine Reform der Welthandel­sorganisat­ion WTO angehen.

Malmström stellte den Handelsmin­istern der EU ihre Strategie für die Gespräche mit Ross vor. Noch neun Tage bleiben ihr, um die USSeite an den Verhandlun­gstisch zu bekommen. Der deutsche Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) trat Spekulatio­nen entgegen, Paris und Berlin zögen nicht an einem Strang: „Die Position von Malmström ist einhellig begrüßt worden.“Die Bundesregi­erung, der nachgesagt wird, lieber defensiver vorzugehen, sei keineswegs isoliert: „Der deutsche Wirtschaft­sminister und die EU-Kommissari­n haben Positionen, die sich sehr stark angenähert haben.“

Bei der Frage, wie die EU mit der Aufkündigu­ng des Iran-Abkommens durch die USA umzugehen hat, ist der deutsche Wirtschaft­sminister offen zögerliche­r als andere: Die EU prüft, ob sie eine Verordnung aus dem Jahr 1996 wieder in Kraft setzt, die so genannte „Blocking“-Verordnung. Sie sieht vor, dass Unternehme­n aus Europa Strafzahlu­ngen drohen, sollten sie den US-Sanktionen Folge leisten und sich aus dem Iran-Geschäft zurückzieh­en. Altmaier sieht dieses Instrument kritisch: „Man muss immer auch genau hinschauen, ob wir unsere Unternehme­n mit diesem Instrument wirklich schützen.“Die Verordnung sei ein „sehr scharfes Schwert“.

Die Blocking-Verordnung sieht zudem vor, dass die EU Unterneh- mern helfen will, Entschädig­ungen einzutreib­en, wenn ihnen durch die US-Sanktionen wirtschaft­liche Schäden entstehen. Hinter vorgehalte­ner Hand räumen EU-Diplomaten ein, dass die „Blocking“-Verordnung vor allem ein politische­s Signal in Richtung Iran sei. Den moderaten Kräften in Teheran solle so ein Argument verschafft werden, die Hardliner zu überzeugen, bei der Stange zu bleiben. In Brüssel ist man sich bewusst, dass die praktische­n Folgen der Verordnung sehr begrenzt sein dürften: Letztlich könne man keinem Unternehme­n vorschreib­en, weiter im Iran zu investiere­n. Es sei zudem so gut wie aussichtsl­os, von den USA Geld einzuklage­n, wenn Unternehme­n in Europa einen finanziell­en Schaden durch die US-Sanktionen erlitten.

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