Rheinische Post Kleve

Landwirt 2018: Mehr im Büro als im Stall

- VON VIVIAN PELLENS

Zum Beruf gehört die komplette kaufmännis­che Klaviatur vom Einkaufsma­nagement bis zur Vermarktun­gsplanung.

KLEVERLAND Johannes und Martin Lax sind Geschäftsl­eute. Sie führen einen Betrieb mit fünf Vollzeitst­ellen in Geldern, mit der gesamten kaufmännis­chen Klaviatur von Einkaufsma­nagement bis Vermarktun­gsplanung. Und doch sehen manche sie nicht als Unternehme­r. Denn die Brüder sind Landwirte. Das Bild „morgens auf den Trecker, abends wieder runter“hält sich hartnäckig. Tatsächlic­h verbringt Johannes Lax (28) oft mehr Zeit im Büro als im Stall. „Eine komplette Vollzeitst­elle ist bei uns dafür nötig“, erklärt Johannes Lax.

Der Betrieb Lax ist ein gemischter rheinische­r Familienbe­trieb.

„Ganz ohne Antibiotik­a

geht es nicht, gerade weil uns wichtig ist, dass es den Tieren gut geht“

Johannes Lax

Landwirt

Schwerpunk­t ist die Schweineha­ltung und hierbei die Ferkelzuch­t. Hinzu kommen Acker-Futterbau (Weizen, Gerste, Mais) und die Erzeugung von Zuckerrübe­n. Die gemischte Aufstellun­g bedeutet neben dem Handwerk viel Planungsar­beit. Johannes Lax beobachtet beispielsw­eise die internatio­nalen Sojapreise intensiv. Etwa die Hälfte des benötigten Schweinefu­tters produziere­n die Brüder selbst, der Qualität wegen. Doch Soja muss zugekauft werden, weil es zu dieser hochwertig­en Proteinque­lle für die Ferkelaufz­ucht keine Alternativ­e gibt. „Leider wird mit dem Soja, das hauptsächl­ich aus Südamerika kommt, an der Börse spekuliert“, erklärt Martin Lax (23). Das Ergebnis sind große Preisschwa­nkungen. Marktbeoba­chtung und genaue Einkaufspl­anung sind hier vonnöten.

Viel zum Papierkram tragen auch die Dokumentat­ionspflich­ten bei, die den Landwirten von der Politik auferlegt werden. Lax’ müssen jeden Einsatz von Pflanzensc­hutzmittel­n im Ackerbau nachweisen, zudem eine Datenbank führen für den Gülleverbl­eib, eine für den Antibiotik­aeinsatz und eine für Tierbewegu­ngen bei An- und Verkäufen. Die Brüder sind nicht etwa gegen die Dokumentat­ion. Vielmehr möchten sie darauf aufmerksam machen, dass sie keinesfall­s „machen, was sie wollen“, wie mancher es den Landwirten vorwirft.

Bei der Gülle etwa errechnet die Landwirtsc­haftskamme­r anhand der Tierzahl die anfallende Menge, zieht den Bedarf für die betriebsei­genen Ackerfläch­en als Düngemitte­l ab und gibt dann eine Abgabemeng­e vor.

Antibiotik­a und Tierwohl sind weitere Stichworte, die viel Kritik enthalten. „Ganz ohne Antibiotik­a geht es nicht, gerade weil uns wichtig ist, dass es den Tieren gut geht“, unterstrei­cht Johannes Lax. „Wir kontrollie­ren jeden Tag, ob die Tiere gesund sind. Bevor ich nicht im Stall war, habe ich keine Ruhe, ins Büro zu gehen. Wir investiere­n viel in Schutz-Impfungen, mehr als vorgeschri­eben. Und in eine moderne Stalltechn­ik mit Klimasteue­rung für Sommer wie Winter. Damit wir eben nicht mit Antibiotik­a behandeln müssen. Aber gegen eine Lungenentz­ündung müssen wir doch etwas machen dürfen.“

Desweitere­n kastrierte­n Ferkelbetr­iebe nicht etwa, weil sie so mehr Geld für die Tiere bekommen können, nennt Lax ein weiteres Diskussion­sthema. Sondern weil Fleisch von unkastrier­ten Ebern von den Supermärkt­en zumeist gar nicht genommen werde.

Viel schwierige­r als Preisfrage­n und Anfeindung­en jedoch empfindet Johannes Lax die ständigen Änderungen der Rechtslage. „Was ich mir wirklich wünsche, ist von Seiten der Politik eine bessere Planbarkei­t unserer Investitio­nen“, betont er im Gespräch mit unserer Redaktion.

Was heute gefordert wird, kann morgen wieder verboten sein. Ein aktuelles Beispiel: Es wird diskutiert, ob der Ferkelschu­tzkorb (der Kastenstan­d im Abferkelst­all), der vor einigen Jahren eben zum Schutz der Ferkel eingeführt wurde, wieder verboten werden soll. Die Muttersau brauche mehr Platz auch nach der Geburt, so das Argument. Lax: „Deutlich erhöhte Erdrückung­sverluste bei den Ferkeln wären aber die Folge. Ob dies dann Tierschutz bedeutet, ist fraglich.“

Außerdem ist dieser Mehrplatz baulich momentan in keinem Betrieb gegeben. Das hieße: Den Stall abreißen, ihn neu bauen. Monatelang reduzierte­s Einkommen, da ja keine Zucht stattfinde­n kann. Investitio­nen in Millionenh­öhe – mit der Sorge, die nächste Regierung könne in vier Jahren wieder alles umwerfen.

„So kann man nicht für die nächsten Jahrzehnte oder gar die nächste Generation planen“, sagt der junge Vater Johannes Lax.

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RP-FOTO: HEINZ SPÜTZ Johannes und Martin Lax vor der Steuerungs­anlage, die manuell und per Handy/PC zu bedienen ist und für gleichblei­bendes Klima zu allen Jahreszeit­en in den Ferkelstäl­len sorgt.

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