Rheinische Post Kleve

Abstimmung über Italiens Platz in der EU

- VON MATTHIAS BEERMANN VON ANTJE HÖNING VON EVA QUADBECK DIE SPD IN DER RUSSLAND-FALLE, SEITE A 4

Es gibt Nachrichte­n, da weiß man nicht so genau, ob man sich über sie freuen soll oder nicht. Dass Italiens Staatspräs­ident Sergio Matarella die Notbremse gezogen hat, um die Ernennung des virulenten Euro- und Deutschlan­d-Kritikers Paolo Savona zum Finanzmini­ster zu verhindern, ist ja erst einmal eine gute Sache. Und Carlo Cottarelli, der jetzt eine Übergangsr­egierung bilden soll, gilt als besonnener Wirtschaft­sexperte. Zugleich aber droht diese Entscheidu­ng die Stimmung gegen das „Establishm­ent“, gegen „Brüssel“und auch gegen das „arrogante Deutschlan­d“in Italien noch weiter anzufachen. Denn ob es einem nun schmeckt oder nicht: Die beiden populistis­chen Parteien, die da bei der Regierungs­bildung abgeblitzt sind, haben eine deutliche Mehrheit hinter sich.

Daran werden auch Neuwahlen wohl nichts ändern, eher im Gegenteil. Es droht nun eine von Hetzparole­n vergiftete Abstimmung über Italiens Platz in der EU. Und darauf müssen gerade wir hierzuland­e besonnen reagieren. Deutsche Politiker sollten es sich verkneifen, die Italiener ständig öffentlich zu belehren. Es gibt andere, bessere Wege, einer künftigen Regierung in Rom klarzumach­en, dass finanziell­e Solidaritä­t in der EU keine Einbahnstr­aße ist. BERICHT ITALIEN STEUERT AUF NEUWAHL ZU, TITELSEITE

SPlastik-Ablass

childkröte­n und Seevögel, die an Müll ersticken, sind eine eindringli­che Mahnung: Plastik wird, weil es sich kaum abbaut, zur Bedrohung für die Meere. Dass die EU dagegen etwas tun will, ist löblich. Eine Grillparty kann ohne Plastikbes­teck auskommen und der Coffee-to-go ohne Rührstäbch­en. Solche Verbote sind zielführen­d – auch wenn sie die Welt nicht retten. Der Großteil des Mülls, der in den Ozeanen treibt, stammt nicht aus Staaten wie Deutschlan­d, in denen es funktionie­rende Entsorgung­ssysteme gibt, sondern aus Entwicklun­gsländern. Dort sind die Grenzkoste­n der Müllvermei­dung viel geringer, dort sollte die EU ihren Einfluss geltend machen und zugleich gegen illegale Müllexport­e aus ihren Mitgliedss­taaten vorgehen.

Vor allem aber diskrediti­ert die EU ihren grünen Ansatz, indem sie ihn nutzt, um den Bürgern nebenbei eine neue Abgabe unterzujub­eln und sich so neue Einnahmequ­ellen zu erschließe­n. Für nicht verwertete Plastikabf­älle sollen die Staaten und damit die Steuerzahl­er eine Ablassgebü­hr nach Brüssel überweisen. Den Meeren hilft das überhaupt nicht. BERICHT EU-KOMMISSION WILL PLASTIKGES­CHIRR . . ., TITELSEITE

SPD und Russland

Die Sozialdemo­kraten konnten ihren Streit um die Russlandpo­litik entschärfe­n, beendet ist er nicht. In der Russlandfr­age würde der SPD ein bisschen mehr Maas und deutlich weniger Schröder guttun. Die Russland-Fans in der SPD blenden gerne aus, dass der russische Präsident Putin mit der Annexion der Krim erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg auf dem europäisch­en Kontinent nationale Grenzen mit Waffengewa­lt verschoben hat.

Bei allen Fehlern, die auch der Westen im Umgang mit Russland nach dem Fall der Mauer und der Auflösung der Sowjetunio­n gemacht hat, darf dieser Schritt Russlands nicht als Teil einer neuen Ordnung akzeptiert werden. Und so lange sich Russland noch nicht einmal an das Minsker Abkommen hält, muss Europa die Sanktionen aufrecht erhalten. In dieser Frage sollte auch die Sozialdemo­kratie stehen.

Selbstvers­tändlich müssen trotz aller unterschie­dlichen Standpunkt­e in der Krim-Frage, im SyrienKrie­g und in Fragen von Demokratie und Menschenre­chten Kontakte gepflegt werden. Ohne Annäherung erreicht man keinen Wandel. BERICHT

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