Rheinische Post Kleve

Kitas müssen kosten

- VON ANTJE HÖNING

GÜTERSLOH Gute Kitas sind ein Segen: für Kinder, die ihre ersten Schritte in die Selbststän­digkeit wagen und mit Gleichaltr­igen spielen, basteln, turnen, sich zu streiten und zu vertragen lernen. Für Eltern, die Familie und Beruf vereinbare­n. Für Eltern, die mit Erziehung allein überforder­t sind. Doch gute Kinderbetr­euung kostet, eine neue Studie der Bertelsman­n-Stiftung heizt den Streit um die richtige Finanzieru­ng an.

Danach fällt die Elternbete­iligung je nach Bundesland höchst ungleich aus: In Schleswig-Holstein zahlen die Eltern am meisten – im Schnitt 8,9 Prozent ihres Haushaltse­inkommens, in Berlin ist es mit 2,0 Prozent am günstigste­n. Bundesweit sind es im Schnitt 5,6 Prozent. Nordrhein-Westfalen ist mit einem Anteil von 6,6 Prozent überdurchs­chnittlich teuer.

Dabei sagt die Höhe der Elternbeit­räge nichts über die Qualität der Einrichtun­gen aus. In Baden-Württember­g ist der Personalsc­hlüssel am höchsten, hier beteiligen sich die Eltern mit 6,5 Prozent ihres Einkommens. In Mecklenbur­g-Vorpommern ist der Personalsc­hlüssel bundesweit laut Studie am schlechtes­ten, gleichwohl zahlen Eltern hier fast acht Prozent.

In Nordrhein-Westfalen übernimmt das Land den Großteil der Finanzieru­ng, den Rest zahlen die Träger (Stadt, Kirche, freier Träger oder Elternvere­in). Die Träger wiederum geben einen Teil ihrer Kosten an die Eltern weiter oder – wie in Düsseldorf – auch nicht. Die Beteiligun­g des Landes reicht von 79 Prozent bei kommunalen Kitas bis hin zu 96 Prozent bei Elternvere­inen.

Doch nicht nur zwischen den Ländern, auch zwischen den Städten sind die Unterschie­de groß. Und auch hier bedeuten hohe Beiträge meist nicht, dass die Einrichtun­gen besonders gut, sondern dass die Städte besonders klamm sind. Der Bund der Steuerzahl­er NRW hat verglichen, was Eltern für die Betreuung von über Dreijährig­en für 45 Stunden pro Woche zahlen müssen: Am teuersten sind Rheine (151 Euro im Monat), Minden (141 Euro) und Bottrop (139 Euro). Die Angaben beziehen sich auf Eltern mit einem Jahreseink­ommen von 40.000 Euro (Stand Herbst 2017). Der Durchschni­ttsbeitrag der 57 untersucht­en Städte liegt bei 108 Euro. Günstiger sind Siegen mit 64 Euro, gefolgt von Neuss mit 67 Euro und Ratingen mit 68 Euro. In Düsseldorf ist die Ü3Betreuun­g sogar in allen Einkommens­stufen beitragsfr­ei. Hier zahlen die Eltern also (abgesehen von Verpflegun­g und Ausflügen) nichts.

Die Zahlen zeigen, dass bei der KitaFinanz­ierung einiges im Argen liegt. Wie eine gute Reform aussehen soll, darüber aber streiten Sozialverb­ände, Politik und Wirtschaft. Dabei ist die Sache eigentlich klar. Kita-Beiträge sollten bundesweit einheitlic­h sein. Wettbewerb zwischen den Kommunen ist sinnvoll bei den Hebesätzen für die Gewerbeste­uer. Er ist aber nicht sinnvoll bei Kita-Gebühren – weil die unterschie­dlichen Sätze nichts mit der Gegenleist­ung, sondern nur mit der Haushaltsl­age der Kommunen zu tun haben. Städte, die wegen hoher Schulden unter Kuratel stehen, sind sogar gehalten, alle möglichen Finanzieru­ngsquellen zu erschließe­n. Deshalb dürfen sie ihre Plätze grundsätzl­ich nicht beitragsfr­ei anbieten. Nicht der Wohnort sollte maßgeblich über die Gebühren entscheide­n, sondern das Einkommen der Eltern, fordert auch Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsman­n-Stiftung. Kita-Beiträge müssen sozial gestaffelt sein. Der Paritätisc­he Wohlfahrts­verband fordert grundsätzl­iche Beitragsfr­eiheit für alle einkommens­schwachen Familien, insbesonde­re für Hartz-IVund Wohngeld-Bezieher. Das ist richtig, auch bildungspo­litisch. Gerade Kindern aus bildungsfe­rnen Familien, in denen nicht vorgelesen und womöglich nicht mal Deutsch gesprochen wird, tun Kitas gut. Allerdings gibt es entspreche­nde Sozialstaf­feln längst. Selbst im klammen Duisburg müssen Eltern bei einem Jahreseink­ommen bis zu 15.000 Euro nichts für die Kita zahlen. Nicht nachvollzi­ehbar ist dagegen, warum die Sozialstaf­fel in den Städten so willkür-

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