Eine Chance für Flüchtlinge
Rudin Lanaj ermöglicht in seinem Stuckateurbetrieb in Kessel mehreren Flüchtlingen eine Ausbildung. Er selbst kam Anfang der 90er Jahre aus Albanien nach Deutschland. Von der Handwerkskammer erhofft er sich mehr Unterstützung.
GOCH Er weiß ganz genau, wie es sich anfühlt, in einem fremden Land bei null anzufangen, denn er hat es selbst vor mehr als 25 Jahren erlebt. Heute führt er eine eigene Firma und ermöglicht Flüchtlingen eine Ausbildung. Rudin Lanaj stammt aus Albanien und kam Anfang der 90er Jahre nach Deutschland. „Mir war sofort klar: ich muss
„Wir haben doch eine moralische Verpflichtung gegenüber der
Gesellschaft“
Rudin Lanaj
Unternehmer
die Sprache dieses Landes sprechen, damit ich hier leben und arbeiten kann“, berichtet er. Seine dreijährige Lehre zum Stuckateur – die offizielle Berufsbezeichnung heißt heute „Ausbaufacharbeiter“- absolvierte er in Wesel. Im Lehrbetrieb konnte er nicht bleiben, weil dieser Konkurs angemeldet hatte. Mit seiner Familie lebte er in Goch, fuhr nachts Taxi, um Geld zu verdienen. 2003 wagte er den Sprung in die Selbstständigkeit und führt heute seinen Stuckateurbetrieb am Standort Kessel mit insgesamt 16 Mitarbeitern.
Sechs Auszubildende hat er aktuell, fünf von ihnen sind Flüchtlinge. Fatjon Qenanaj, Arjol Korreshi und Hektor Idrizaj kommen wie der Chef ebenfalls aus Albanien. Vor drei Jahren flüchteten sie aus ihrem Heimatland. Rudin Lanaj könnte albanisch mit ihnen sprechen, aber das macht er nicht. Überall in seiner Werkstatt hat er Schilder aufgehängt, auf denen steht „Hier wird Deutsch gesprochen“. Nach wie vor findet er, dass die Sprache der wichtigste Weg zur Integration ist. Die drei jungen Albaner halten sich daran, sie sprechen bereits sehr gut Deutsch.
Nur etwas macht Lanaj Kopfzerbrechen: Seine Bereitschaft als Unternehmer, Flüchtlingen eine Berufsausbildung zu ermöglichen, wird von der zuständigen Handwerkskammer nicht gefördert. Als Vorstandsmitglied der Kreishandwerkerschaft und Mitglied der Handwerkskammer kritisiert er dies. „Es gibt für meine Azubis keine Ausbildungsberater und keine Dolmetscher bei der Vorbereitung auf die theoretische Prüfung oder über- haupt während des Besuchs der Berufsschule“, beschreibt er die mangelnde Unterstützung. „Wir haben doch eine moralische Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft. Aber das Gesamtpaket hapert“, betont er. Nicht nur für die Ausbildung sorgt er, auch bei der Wohnungssuche und bei der Führerscheinausbildung hat er geholfen. Die drei albanischen Auszubildenden schließen gerade ihre Lehre ab, einer musste die Theorie wiederholen, in der Praxis haben sie ohne Ausnahme gute Noten. Lanaj weiß heute nicht sicher, ob er weiterhin Flüchtlinge ausbilden wird. Das stehe für ihn erst fest, wenn die Handwerkskammer Förderungen signalisiere. Die Ausbaufacharbeiter, wie sich die frischgebackenen Stuckateure nennen, sind, wie Rudin Lanaj erläutert, echte Bau-Profis. Sie kümmern sich um Innen- und Außenputz, Wärme- dämmung-Verbundsysteme, Trockenbau und Estrich. Akustikbau und auch kreative Stuckarbeiten sind Spezialgebiete, die im Betrieb von Lanaj ebenfalls erlernt werden können. Kernsanierung von Altbauten und Restaurierungsarbeiten runden die Palette ab.