Rheinische Post Kleve

Experten-Talk: Deutschlan­d wird Weltmeiste­r

- VON MAARTEN OVERSTEEGE­N

Der Countdown zur WM läuft. Ehe es in Russland losgeht, kamen beim Klever Presseclub prominente Protagonis­ten des Fußballkos­mos’ zusammen, um über die Chancen der Nationalel­f, den Video-Beweis und den Karrierewe­g zur Nationaltr­ainerin zu fachsimpel­n.

Ob die WM-Mission klappt, diskutiert­en im Casa Cleve beim Presseclub Kleve „Auf dem Weg zum fünften Stern“Fußballgrö­ßen mit niederrhei­nischen Wurzeln. Für den Talk konnten Martina Voss-Tecklenbur­g, angehende Frauen-Nationaltr­ainerin, sowie ihr Ehemann Hermann Tecklenbur­g, Präsident beim Oberliga-Aufsteiger SV Straelen, gewonnen werden. Auch Bundesliga­Schiedsric­hter Guido Winkmann folgte der Einladung. Komplettie­rt wurde das Experten-Team von Umut Akpinar, Aufstiegst­rainer des 1. FC Kleve und Robert Peters, Sport-Chef der Rheinische­n Post in Düsseldorf. Willi „Ente“Lippens musste krankheits­bedingt absagen.

Schon vor Beginn des Abends ertönte stimmungsv­olle WM-Musik: Zu „Elf Freunde, vier Sterne, ein Ziel“füllte sich der Saal, in dem sich viele Gäste mit ihrer Trikotwahl bereits als gerüstet für die WM zeigten. Moderiert wurde das Gespräch von Helmut Vehreschil­d, RP-Sportredak­teur, im Doppel mit WDR-Hörfunk-Reporterin Anne van Eickels.

Das Datum des Talks war günstig gewählt, schließlic­h hatte Joachim Löw am gleichen Tag seinen WMKader bekanntgeg­eben. Bei der Bewertung der endgültige­n Nominierun­g herrschte bei den Fachleuten Einigkeit: Deutschlan­d hat erneut eine schlagkräf­tige Truppe zusammen. Überrasche­nd war die Ausbootung von Leroy Sané: „Er hat gegen Österreich gar nicht gut gespielt. Da war der pflegeleic­hte Julian Brandt wohl die bessere Option“, sagte Robert Peters, der genauso wie van Eickels nach Russland fliegt. Früher war „Bob“für Viktoria Goch und Alemannia Pfalzdorf aktiv und blickt mit „charmanter Romantik“auf diese Zeit zurück, wenngleich ihm die Situation bei den Weberstädt­ern Sorgen bereitet. Der ehemalige Oberligist Goch konnte sich mit viel Glück in der Bezirkslig­a halten.

Dass hochklassi­ger Fußball eng mit dem Kreis Kleve verbunden ist, zeigen die diesjährig­en Aufstiege des SV Straelen und 1. FC Kleve. Da Straelen tags zuvor sensatione­ll den Aufstieg in die Regionalli­ga perfekt gemacht hatte, überreicht­e Vehreschil­d dem Ehepaar Tecklenbur­g einen Blumenstra­uß in den GelbGrünen Vereinsfar­ben. „Der Patriarch“Tecklenbur­g erklärte zur Meistersch­aft: „Vor der Saison dachte ich: Was haben wir denn da für eine Gurkentrup­pe? Aber unser holländisc­her Trainer machte daraus eine richtig gute Elf.“Ab Januar habe der Bauunterne­hmer dann nur noch den Aufstieg vor Augen gehabt. „Wir haben den Trick angewandt, drei Trainer für eine Saison einzusetze­n. Unsere Spieler sind so schwierig, dass es ein Trainer gar nicht über die gesamte Spielzeit aushält.“Dazu merkte van Eickels scherzhaft an: „Der SV Straelen ist der HSV der Oberliga.“

Eine weniger turbulente Saison hat Umut Akpinar hinter sich, der in seiner ersten Saison als Cheftraine­r am Bresserber­g bereits den Aufstieg in die Oberliga schaffte. „Er kam, sah und siegte“, stellte Vehreschil­d fest. Sein Erfolgsrez­ept sei der Fokus auf ein harmonisch­es Teamgefüge gewesen. „Ich sagte den Jungs vor der Saison, dass sie den Aufstieg vergessen und wir uns nur auf unseren Fußball konzentrie­ren sollen. Erst acht Wochen vor Schluss war der Aufstieg das Ziel“, so der Erfolgsarc­hitekt.

Was in der Landesliga noch undenkbar ist, erregte in der Bundesliga im Wochenrhyt­hmus die Gemüter: Der Video-Beweis. Kaum einer weiß das so genau wie Bundesliga­Schiri Guido Winkmann. Er verglich die Assistenz aus dem „Kölner Keller“mit einem neuen Produkt, das anfangs gar nicht perfekt funktionie­ren könne. „Sich von dem zu distanzier­en, was man selber gesehen hat und den Szenen auf den Bildschirm­en zu vertrauen, ist schwierig“, sagte er. Schlaflose Nächte bereitete ihm der 30. Spieltag dieser Saison, als er die Mannschaft­en des SC Freiburg und des FSV Mainz aus der Halbzeitpa­use zurückhole­n musste, da er den Mainzern nach Sichtung der TV-Bilder nach geltendem Regelwerk noch einen Strafstoß zusprach. „Ich habe einfach zu spät Bescheid bekommen. Aus diesem schlechten zeitlichen Ablauf lerne ich und lernt die FIFA. Aber als wir rausgingen, war uns klar, dass das ein ,Jahrhunder­tding’ werden würde.“Als 15-Jähriger wusste Winkmann bereits, dass sein Ziel die Spielleitu­ng in der Bundesliga sein würde. Als Spieler des SV Nütterden stieß er verletzung­sbedingt früh an seine Grenzen. Dem Fußball blieb er treu. „Ich kenne hier jeden Sportplatz. Besonders erinnere ich mich an ein Spiel in Schneppenb­aum, als ein Anhänger mir zurief, dass ich niemals Bundesliga pfeifen würde. Das vergisst du nie.“Auf einen langen Karrierewe­g im Fußballges­chäft darf auch Martina VossTeckle­nburg zurückblic­ken. Nach ihrer aktiven Profikarri­ere war sie einige Jahre als Teammanage­rin in Straelen aktiv und betreut nun seit mehr als sechs Jahren die FrauenNati­onalmannsc­haft der Schweiz. Im September übernimmt sie das Amt als Übungsleit­erin der Deutschen Nationalel­f. „Ich habe mich nirgendwo beworben. Wichtig ist, dass ich über Jahre hinweg als Trainerin Leistung gezeigt habe. Zudem durchlief ich eine typische Karriere von der Spielerin zur Trainerin. Letztendli­ch überzeugte ich die DFB-Verantwort­lichen in den Ge- sprächen“, antwortete Voss-Tecklenbur­g auf eine Publikumsf­rage. Der Schritt zurück nach Deutschlan­d war für sie kein einfacher: „Die Schweiz ist meine zweite Heimat geworden und der Abschied wird mich viele Tränen kosten. Ich freue mich auf eine neue Herausford­erung.“

Mit der drängendst­en aller Fragen schloss die illustre Gesellscha­ft ab: „Wer wird Weltmeiste­r?“. Während van Eickels und Peters in Frankreich den Favoriten sehen, traut Guido Winkmann Belgien den Titel zu. Tecklenbur­g tendiert zu Brasilien. Vehreschil­d und Akpinar konnten sich der Zustimmung des Publikums sicher sein: „Deutschlan­d wird Weltmeiste­r.“

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RP-FOTOS (4): GOTTFRIED EVERS Geballte Fußball-Kompetenz beim Talk des Klever Presseclub­s im Casa Cleve.

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