Rheinische Post Kleve

Ärger um Konzert bei der Ruhrtrienn­ale

- VON KLAS LIBUDA

Die Band Young Fathers ruft zum Boykott Israels auf. Nun soll sie in Bochum auftreten.

DÜSSELDORF Die Band Young Fathers macht experiment­ellen Rap und hat kürzlich ein neues Album herausgebr­acht. „Cocoa Sugar“heißt die Platte, die Band stellt sie zurzeit bei Konzerten zwischen Mannheim und Moskau vor. Auch in Bochum soll sie im August auftreten. „Young Fathers – das schottisch­e Erfolgstri­o – sind zurück!“, kündigt das Programmhe­ft der Ruhrtrienn­ale an. Mittlerwei­le dürfte sich die Euphorie bei den Machern eines der bedeutends­ten Kulturfest­ivals hierzuland­e gelegt haben. Nach einem Eintrag im Blog „Ruhrbarone“sah man sich Ende vergangene­r Woche veranlasst, via Facebook Stellung zum geplanten Auftritt der Band in der Bochumer Jahrhunder­thalle zu beziehen. Dabei distanzier­te sich das Festival von den „direkten oder indirekten Zielen“der Israel-Boykott-Bewegung BDS und teilte mit: „An die Young Fathers sind wir herangetre­ten, um auch von der Band eine unmissver- ständliche Distanzier­ung von BDS und jedweder Form von Antisemiti­smus und Rassismus zu erhalten.“

BDS steht für „Boycott, Divestment and Sanctions“. Die Bewegung, die 2005 von nach eigenen Angaben 170 palästinen­sischen Organisati­onen gegründet wurde, fordert den kompletten Boykott Israels, in wirtschaft­licher, akademisch­er und auch kulturelle­r Hinsicht. BDS setzt sich für die Isolierung Israels ein, die dortige Regierung vergleicht sie mit dem einstigen Apartheid-Regime in Südafrika. Immer wieder wird BDS Einseitigk­eit und Antisemiti­smus vorgeworfe­n. Anlässlich des 70. Jahrestags der Staatsgrün­dung Israels beschloss zuletzt der Bundestag, die Aktivitäte­n der BDSBewegun­g „entschiede­n“abzulehnen.

Jüngst dankte BDS der argentinis­chen Fußballnat­ionalmanns­chaft für die Absage eines Spiels in Jerusalem und verbuchte dies als Erfolg ihrer Kampagne. Dabei war den Argentinie­rn wohl nicht an einem Schultersc­hluss gelegen. Sie hatten das Spiel nach eigenen Angaben abgesagt, weil sie sich von den IsraelGegn­ern bedroht sahen. Auch Musiker werden immer wieder angegangen, wenn sie in Israel auftreten wollen. Roger Waters, einst Mitglied von Pink Floyd, gibt dem kulturelle­n Boykott ein Gesicht. 2017 setzte er die Band Radiohead unter Druck, zwei Konzerte in Tel Aviv abzusagen. Auch die Young Fathers unterschri­eben damals einen offenen Brief, der Radiohead umstimmen sollte. Die Band trat trotzdem auf.

BDS glaubt, dass Israel mit Fußball oder Konzerten von Menschen- rechtsverl­etzungen ablenken wolle. „Art-washing“nennt BDS das – Weißwaschu­ng durch Kunst. Auch das Berliner Pop-Kultur-Festival ist darum zurzeit – wie schon vergangene­s Jahr – einer Kampagne ausgesetzt, weil die israelisch­e Botschaft in Berlin Musiker mit Reisekoste­nzuschläge­n bedenkt und deshalb etwa auf der Festival-Webseite vermerkt ist. Vier Künstler haben deshalb bislang ihre Auftritte abgesagt. Es geht um 1200 Euro Zuschuss. Zum Vergleich: Das Bureau Export gibt für französisc­he Künstler 3400 Euro Zuschuss, das British Council 20.000 Euro für ein Projekt.

Vergangene­s Jahr ging es BDS um 500 Euro Zuschuss für die israelisch­e Künstlerin Riff Cohen. Weil das Pop-Kultur-Festival den Zuschuss annahm, sagten zahlreiche Künstler ab. Darunter auch Young Fathers. BDS wurde durch die folgende Diskussion in Deutschlan­d bekannt.

Anschließe­nd gaben Young Fathers eine Reihe von Interviews, in denen sie ihre Dialogbere­itschaft bekundeten und sich gegen den Vorwurf des Antisemiti­smus wehrten. „Die Ruhrtrienn­ale hätte sich allerdings darüber hinaus in der weiteren Entwicklun­g der Debatte eine deutlicher­e Abgrenzung von der BDS-Kampagne gewünscht“, sagte ein Sprecher des Festivals. „Ich halte die Band Young Fathers nicht für antisemiti­sch“, ließ zudem Intendanti­n Stefanie Carp mitteilen, „und es ist mir in diesem Zusammenha­ng wichtig zu betonen, dass Kritik an der Politik der derzeitige­n israelisch­en Regierung nicht per se mit Antisemiti­smus gleichzuse­tzen ist.“Das NRW-Kulturmini­sterium, das Gesellscha­fter der Kultur Ruhr GmbH ist, die das Festival ausrichtet, wollte sich nicht äußern und verwies auf die Ruhrtrienn­ale als Programmve­rantwortli­che.

Welche Konsequenz die Festivalle­itung zu ziehen gedenkt, wenn Young Fathers der Aufforderu­ng, sich von BDS zu distanzier­en, nicht folgt – dazu sagte die Ruhrtrienn­ale auf Nachfrage nichts. Man befinde sich zurzeit im Austausch mit dem Management der Band, hieß es.

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FOTO: DPA Die Band Young Fathers bei einem Konzert in London.

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