Rheinische Post Kleve

Das Geschäft wird immer schneller

- VON VIVIAN PELLENS

Ein wichtiger Baustein sind Zierpflanz­en: 260 Betriebe im Kreis Kleve produziere­n sie. Der Sektor hat großes wirtschaft­liches Potenzial, es gibt aber auch einen zunehmende­n Konkurrenz­kampf um einen schrumpfen­den Absatzmark­t.

KREIS KLEVE Stattliche 260 Betriebe im Kreis Kleve existieren davon, Zierpflanz­en für Haus und Garten zu produziere­n. Der Sektor hat großes wirtschaft­liches Potenzial, es gibt aber auch einen zunehmende­n Konkurrenz­kampf um einen schrumpfen­den Absatzmark­t. Das hat Auswirkung­en auf das Geschäftsv­erhalten und die Struktur der Betriebe. Die meisten sind nach wie vor selbststän­dig geführte Familienbe­triebe, von einer Generation zur nächsten vererbt und vielfach von Junior- und Seniorchef geführt. Konnten sich die Inhaber früher jedoch gemeinsam auf die Produktion konzentrie­ren, sitzt einer der Chefs heute zumeist ganztags am Schreibtis­ch, um die gestiegene­n administra­tiven Aufgaben, das Marketing und die laufende Einführung neuer Technik zu bewältigen.

Andreas Halmans beispielsw­eise ist eigentlich Gärtner geworden, weil er gerne mit Pflanzen arbeitet. Gemeinsam mit seinem Vater leitet er in Kevelaer eine Gärtnerei mit zehn Festangest­ellten plus Saisonkräf­ten. Produziert wird Heide, eine der häufigsten Kulturen im Kreis Kleve.

„Ich werde heute oft ins Büro gedrängt“, bestätigt der Kevelaerer. Punkt eins in seiner langen Liste der Veränderun­gen: das Marketing. „Als mein Vater vor 30 Jahren mit 100.000 Heidepflan­zen angefangen hat, kamen etwas übertriebe­n gesagt die Einkäufer des Handels zu uns, und weg waren die Pflanzen. Heute ma- chen wir fast nur Tagesgesch­äft.“

Das heißt: Die Händler bestellen nur noch kurzfristi­g. Die Bestellein­heiten werden immer kleiner. Zudem werden vermehrt Besonderhe­iten und Mischungen nachgefrag­t, beispielsw­eise verschiede­ne Farben von bestimmten Sorten auf einer Pa- lette. Halmans kann daher nicht mehr vorarbeite­n. Erst nach der Bestellung kann er die passenden Pflanzen sortieren, zusammenst­ellen, packen und ausliefern. Innerhalb weniger Stunden. „Zum Glück haben wir mit Kevelaer einen guten Standort und liegen nahe an den Händlern“, freut sich Halmans. Auch investiere man viel Zeit in die Züchtung eigener Sorten und den Aufbau seiner Eigenmarke­n, um sich von anderen Gärtnern abzuheben.

Doch nicht nur die Händler fordern mehr, auch die Endkunden, sagt Halmans. Sie seien ungeduldi- ger. Auch, weil sie zu wenig wüssten über die Produktion. „Wir können keine Pflanzen drucken“, betont Halmans. „Wer weiß noch, dass eine Heide zwei Jahre Kulturzeit hat?“Er lädt daher immer wieder Kindergärt­en ein zum Betriebsbe­such, um diese Wissenslüc­ke ein wenig zu füllen. Auch das sei heute notwendige Aufgabe eines Gärtners.

Dann müsse man heute viel intensiver die sich rasant entwickeln­den modernen Techniken im Auge behalten. Und die sich ständig wandelnden rechtliche­n Vorschrift­en umsetzen, insbesonde­re in Sachen Umweltschu­tz. „Wir haben gerade 4200 Quadratmet­er alte Gewächshäu­ser abgerissen und 4800 neu aufgebaut“, berichtet Halmans. Eine energetisc­he Sanierung. Er ärgert sich aber darüber, wenn der Handel noch höhere Anforderun­gen stellt als der Gesetzgebe­r, und die Gärtner in zusätzlich­e Zertifizie­rungen drängt oder dahin, zugelassen­e Mittel nicht mehr zu nutzen.

„Vorschrift­en machen durchaus Sinn, Umweltschu­tz ist wichtig“, erklärt der Gärtner seinen Standpunkt. „Aber gewisse Pflanzensc­hutzmittel brauchen wir nun mal, sonst gehen wir in Unkraut und pilzlichen Krankheite­n unter. Wir behandeln nicht prophylakt­isch, sondern wenn es sicher notwendig ist.“Im Gegenzug nimmt Halmans freiwillig an einem Wasserschu­tzprojekt der Landwirtsc­haftskamme­r teil. Jeden Monat werden für diesen Zweck Bodenprobe­n entnommen, über Datenlocke­r werden außerdem Düngergabe­n aufgezeich­net. Und Halmans arbeitet viel mit Langzeitdü­nger. Würde er nochmal Gärtner werden? „Ja“, sagt Halmans bestimmt. „Selbststän­dig zu sein ist ein Zwiespalt, hat aber auch viele Vorteile.“Und wenn die Pflanze am Ende prächtig blüht, sieht man, was man geschafft hat.

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