Rheinische Post Kleve

Inklusion mit Augenmaß

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Es ist ja richtig: Der gemeinsame Unterricht von Kindern mit und ohne Handicap läuft in NRW nicht rund. Im Gegenteil – der Ärger über mangelndeV­orbereitun­g und überhastet­e Umsetzung hat dazu geführt, dass, sobald „Inklusion“gesagt wird, bei Lehrern und Eltern das Visier herunterkl­appt. Das ist eine Schande, denn Inklusion ist keine linke Laune, sondern Menschenre­cht. Richtig ist auch, dass mancher (auch mancher Lehrer) das vergessen hat.

Trotzdem wäre es falsch, die Lehrer für eine verfehlte Politik des Landes haftbar zu machen, indem man sie zu Fortbildun­gen in den Ferien verpflicht­et. Das würde auch den letzten Rest gutenWille­ns an den Schulen aufzehren. Fortbildun­gen sind wichtig; sie können Belastunge­n abfedern und Frust vermeiden. Sie schließen aber nicht die Lücke etwa bei den Sonderpäda­gogen. Das werden auch die Eckpunkte des Ministeriu­ms nicht. Sie werden allenfalls die Verteilung der Schüler verbessern. Um bei der Inklusion wirklich voranzukom­men, braucht es mehr Personal, also mehr Geld. Und Zeit, dieses Personal auszubilde­n. Bis dahin ist Improvisat­ion nötig. Aber bitte mit Augenmaß.

Spitzeln unter Freunden

Der Bundesnach­richtendie­nst hat unser Nachbarlan­d Österreich über Jahre hinweg sehr intensiv bespitzelt, das wusste man schon seit einiger Zeit. Wie intensiv, das verraten jetzt BND-Dokumente, die österreich­ische Medien veröffentl­icht haben. Trotzdem hält sich die Empörung in Wien in Grenzen, und das hat auch gute Gründe: Die Affäre ist Schnee von gestern. Das BND-Gesetz wurde vor zwei Jahren geändert, die Kontrolle über den Geheimdien­st erheblich verschärft. Seither sind derartig ausufernde Spionagean­griffe gegen befreundet­e Staaten kaum noch vorstellba­r.

Ganz auszuschli­eßen sind sie freilich nicht, und das ist auch in Ordnung. Es mag Fälle geben, in denen der BND auch in befreundet­en Staaten schnüffeln muss, ohne die dortigen Behörden darüber zu informiere­n. Dies muss allerdings gut begründet sein. Und es muss zuvor eine intensive Abwägung stattfinde­n, ob der politische Flurschade­n zu rechtferti­gen ist, sollten die BND-Aktionen am Ende doch auffliegen. Freude ausspähen, das geht gar nicht? Wer daran glaubt, ist leider naiv.

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